Kreuzschmerzen sind kein Einzelschicksal. Etwa 60 bis 80 Prozent der Bevölkerung in den Industrieländern ist wegen „unspezifischer Kreuzschmerzen“ einmal pro Jahr im Krankenstand. Viele davon schlucken Paracetamol-Tabletten zur „Überbrückung“. Eine Maßnahme, die nichts bringt, so die aktuelle Datenlage.
Wieder ein langer Tag. Sitzen im Beruf, sitzen in der Freizeit, mit lieben Freuden, im Restaurant, im Theater, sitzen im Auto, beim Telefonieren, auf der Parkbank. Dumm, wenn das Kreuz sich just in diesen Situationen bemerkbar macht. Mit Schmerzen, die seit Wochen nicht mehr herunterzuspielen sind. Was tun in der Not? Eine Schmerztablette geht immer– damit der Schmerz nicht zusätzlich auch noch die verdiente Nachtruhe raubt. Paracetamol in Tablettenform ist die Antwort für viele Schmerzgeplagte.
Keine Pille gegen das Kreuzweh
Irrtum, sagt die Wissenschaft, denn, was medizinisch als „low back pain“ (LBP, also „Kreuzschmerzen“) bezeichnet wird, kann laut neuester Studienlage im Akutfall nicht mit einer Paracetamol-Tablette nachhaltig behandelt werden. Das bestätigt ein Cochrane Review, in den mehr als 1.800 Betroffene einbezogen wurden.
Im Falle von akuten Kreuzschmerzen wirkt die täglich „normale“ 4-Gramm-Dosierung nicht besser als Placebo. Paracetamol hat demnach keinen Effekt im Hinblick auf die Schmerzbekämpfung, die Lebensqualität oder auf die Schlafqualität Betroffener und schneidet dahingehend nicht besser ab als Placebo, also wirkstofffreie „Medikamente“. Die Datenlage dazu war von guter Qualität.
Weniger aussagekräftig sind Studien im Hinblick auf „chronische Kreuzschmerzen“, hier ist die Datenlage auf eine Paracetamol-Behandlung noch eher dürftig und bedarf weiterer Studien.
Eine Frage des Alters?
Wie oben erwähnt, hat Paracetamol keinen Einfluss auf die Schlafqualität, so die Studienergebnisse. Darüber hinaus beklagt – laut Untersuchungen – 1 von 5 Personen Nebenwirkungen, die allerdings nicht spezifiziert wurden und auch unter Placebo gleichhäufig vorkamen. In den begutachteten Studien wurden jeweils Probanden „mittleren Alters“ herangezogen, ein Umstand, der keine allgemein gültige Empfehlung zulässt, denn neueren Daten zufolge leiden zunehmend auch junge Menschen an Kreuzschmerzen. Sei es aufgrund von schweren Schultaschen, zu wenig Bewegung oder Fehlhaltungen. Aber das ist eine andere Geschichte.
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http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD012230/abstract
Autorin: Mag. Dr. Doris Simhofer