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6700 Cochrane Reviews auf jedem Schweizer Sofa

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Die Schweiz hat es – freien Zugang zur gesamten Cochrane Library, sämtliche Cochrane Reviews sind hürdenlos verfügbar. Was das bringt und warum Deutsche und Österreicher neidig sein sollten:

Im Cochrane-Netzwerk arbeiten über 37.000 Menschen zusammen, um das beste medizinische Wissen zu sammeln, unabhängig auszuwerten und bekannt zu machen. Und am liebsten wäre es uns, wenn wirklich alle gratis auf diese Ergebnisse zugreifen könnten. Wissen sollte frei sein, dann ist die Vision von mündigen Patientinnen und Patienten, informierten Entscheidungsträgern und topinformierten Ärztinnen und Ärzten dabei, Realität zu werden.

Die Schweiz hat einen wichtigen Schritt in diese Richtung getan: Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften hat die Initiative angestossen; das Bundesamt für Gesundheit, alle Universitätsbibliotheken und einige Spitäler leisten dazu Beiträge. Dank der gemeinsamen Finanzierung stehen nun allen Schweizerinnen und Schweizern über 6700 systematische Reviews online im Volltext und fünf weitere Datenbanken der Cochrane Library frei zur Verfügung.

Wer liest`s?

Systematische Übersichtsarbeiten sind Fachliteratur, oft also ziemliche Wälzer in teils schwerverständlichem Fachenglisch mit gut versteckter Pointe. Auch wenn Cochrane immer mehr auf Verständlichkeit setzt, wird sich nicht jeder Laie plötzlich begeistert auf diese Art von Literatur stürzen und auf dem Sofa die Zeitung weglegen – nur um sich durch diese Texte zu ackern, um herauszufinden, was er gegen seinen Schnupfen tun soll. Es werden also in erster Linie Fachleute profitieren, die jetzt nicht mehr auf die Zusammenfassungen angewiesen sind, sondern jederzeit überprüfen können, ob der Volltext des Reviews auch wirklich das aussagt, was die Autoren in ihrer Zusammenfassung oder andere in ihren Berichten behaupten. Oder wie die Qualität der eingeschlossenen Studien bewertet wurde.

Aussagen von Expertinnen und Experten werden damit überprüfbar, das Gleiche gilt für Zeitungsartikel oder die Aussage vom Hausarzt. Alle 8,2 Millionen Schweizer können sich einfach vergewissern, wie der Stand des Wissens tatsächlich ist. Wenn zum Beispiel in der angesehen Neuen Zürcher Zeitung der Gastkommentator Johannes G. Schmidt in einem Artikel schreibt, dass Grippeimpfungen wenig wirksam sind und dabei Cochrane-Arbeiten erwähnt: einfach nachschauen, ob das stimmt.

Deutschland und Österreich

Die deutschsprachigen Nachbarn haben noch immer das Problem, dass der Zugang zur bestmöglichen Evidenz auf bestimmte Institutionen beschränkt ist. Deutschland und Österreich hinken dabei nicht nur der Schweiz hinterher, sondern auch Ländern wie England, Indien, Australien oder Norwegen.

Wann sich das ändert, ist noch unklar. Cochrane selbst möchte laut der ausgegebenen Strategie bis zum Jahr 2020 alle Arbeiten frei zugänglich machen. Ob sich das machen lässt und wie das wirtschaftlich funktionieren kann, steht noch nicht fest.

Projekte wie Cochrane kompakt (link) und wissenwaswirkt.org machen die Ergebnisse von Reviews für mehr Menschen leichter zugänglich; sie sind aber kein Ersatz dafür, dass die wissenschaftlichen Originalarbeiten für alle leichter zugänglich gemacht werden. Erst das macht die vielen Behauptungen zu Gesundheitsfragen für jeden, ob Fachperson oder Laie, überprüfbar.

Autoren: Erik von Elm, Jörg Wipplinger

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