…Zähne putzen, Zähne putzen, bis sie sauber sind.“ Von Kindesbeinen an lernen wir, wie wichtig gute Zahnhygiene ist, damit wir später auch als Erwachsene noch kraftvoll zubeißen können. Doch wie putzt man am besten? In unserer Serie zu evidenzbasierter Zahnmedizin sehen wir uns diesmal Cochrane-Evidenz zu elektrischen Zahnbürsten, Interdentalsticks und Fluorid-Zahnpasta an.
Zähneputzen kann harte Arbeit sein. Vor allem, wenn es nicht die eigenen Zähne sind. Wie oft sitze ich in letzter Zeit mehr oder minder geduldig im Badezimmer neben meinem zweieinhalbjährigen Sohn und versuche ihn vom Putzen zu überzeugen. Der Erfolg lässt zu wünschen übrig. Manchmal fallen Drohungen wie: „Wenn du die Zähne nicht putzt, werden sie schwarz und faul“. Oder ich versuche es auf die sanfte Tour: „Willst du der Mama die Zähne putzen und ich putze deine?“. Wir singen gemeinsam Zahnputzlieder, sagen passende Reime auf oder lassen Puppe Susi die Zähne meines Sohnes putzen. Trotz aller Ideen dauert es oftmals eine Weile, bis der Zahnpflege halbwegs Genüge getan ist. Ich kann es kaum erwarten, bis aus diesem täglichen Kampf eine tägliche Routine wird.
Momentan bin ich froh, wenn mein Sohn überhaupt Zähne putzt. Aber auf Dauer sollte er natürlich lernen, dies auch möglichst effektiv zu tun. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt hierfür auf kindergesundheit-info.de viele Tipps, etwa das KAI-Prinzip: zuerst die Kauflächen putzen, danach die Außenflächen und zum Schluss die Innenflächen. Und das ist nur ein erster Anhaltspunkt. Richtiges Zähneputzen will gelernt sein – schließlich verfolgt es uns bis ins hohe Alter.
Doch wer das Beste für seine Zähne tun will, stößt auf viele Fragen: Wie oft und wann ist Zähneputzen sinnvoll? Sind fluoridhaltige Zahnpasten wichtig? Soll ich eine elektrische Zahnbürste verwenden und wie reinige ich meine Zahnzwischenräume am besten? Auf der Suche nach Antworten haben wir die Cochrane Library nach relevanten Übersichtsarbeiten durchforstet, die die verfügbare wissenschaftliche Evidenz zusammentragen.
Persönliche Mundhygieneberatung für die Mundgesundheit
Bevor wir mit dem Putzen loslegen, sollten wir klären, was eine gute Mundhygiene ausmacht. Wir müssen wissen, wie oft wir die Zähne putzen sollen, mit welcher Art von Zahnbürste, mit welcher Technik und wie wir das in den Tagesablauf integrieren können. Den Zahnärzt*innen und Zahnmedizinischen Fachangestellten kommt dabei eine wichtige motivierende Rolle zu. „Eine angemessene Zahnhygiene dient der Vorbeugung von Karies und Parodontalerkrankungen – darüber herrscht in der Forschung absolute Einigkeit“, sagt Jens Christoph Türp, Leiter der Abteilung Myoarthropathien/Orofazialer Schmerz an der Klinik für Oral Health & Medicine am Universitären Zentrum für Zahnmedizin, Basel.
Eine professionelle Mundhygieneberatung soll Patienten in die Lage versetzen, ihre eigene Zahnpflege und -gesundheit zu verbessern. Ein Cochrane Review der Cochrane Oral Health Group ist der Frage nachgegangen, welche Methode der persönlichen Beratung im zahnärztlichen Umfeld am wirksamsten ist. Die untersuchten persönlichen Beratungsprogramme umfassen zumeist eine Reihe von Ratschlägen: zum Zähneputzen und zur Verwendung von Zahnpasta, zur Interdentalreinigung, zum Thema Mundspülung, zur Prothesenhygiene oder zur Hygiene bei festsitzenden bzw. entfernbaren kieferorthopädischen Geräten. Die im Review berücksichtigten wissenschaftliche Publikationen sollten evaluieren, ob die persönliche Mundhygieneberatung von Patient*innen wirksam ist und wenn ja, wie diese Beratung am besten durchgeführt werden kann. Die Autor*innen konnten Ergebnisse aus 19 Studien einschließen. Es fand sich darin jedoch keine ausreichende Evidenz zu der Kernfrage, ob eine individuelle Mundhygieneberatung überhaupt zur Reduktion von Karies und Parodontitis beiträgt.
Fluoridhaltige Zahnpasten
Der Gebrauch der richtigen Zahnpasta ist sehr wichtig. Zu diesem Schluss kam ein Cochrane Review zu fluoridhaltiger Zahnpasta. Kinder, die ihre Zähne mindestens einmal am Tag mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta putzen, haben demnach weniger Karies.
Karies ist schmerzhaft, kann zu schweren Schäden an den Zähnen führen und ist teuer in der Behandlung. Fluoride können den durch Säuren angegriffenen Zahnschmelz wieder härten und so eine Karies stoppen bzw. neuer Karies vorbeugen (mehr dazu in der nächsten Folge unserer Serie). Die Auswertung von Studienergebnissen im Review ergab, dass Kinder im Alter von 5 bis 16 Jahren, die eine fluoridierte Zahnpasta verwendeten, nach drei Jahren rund ein Viertel weniger kariöse, fehlende oder gefüllte bleibende Zähne hatten, als Kinder, die eine fluoridfreie Zahnpasta verwendet hatten. Eine zweimalige tägliche Anwendung erhöhte den Nutzen.
Die Autor*innen konnten allerdings keine Schlussfolgerungen bezüglich des Risikos einer sogenannten Dentalfluorose ziehen. „Solche Verfärbungen der Zähne können eine Auswirkung der chronischen Aufnahme von übermäßigen Mengen an Fluorid sein. Das Risiko ist aber nachweislich gering, wenn man auf die korrekte Dosierung achtet“, sagt Falk Schwendicke, Direktor der Abteilung für Orale Diagnostik, Digitale Zahnheilkunde und Versorgungsforschung an der Berliner Charité. Solange die Dosierung stimme und im Zweifelsfall vom Zahnarzt überprüft werde, seien auch andere im Netz kursierende Ängste vor Fluorid weitgehend unbegründet.
Die Vorteile von fluoridhaltigen Zahnpasten für den Schutz vor Karies sind seit mehr als einem halben Jahrhundert gut belegt, schreiben auch die Autor*innen des Cochrane Reviews. Insgesamt lieferten die vorhandenen Studienergebnisse recht eindeutige Belege dafür, dass fluoridhaltige Zahnpasten in der Kariesprävention wirksam und bei richtiger Dosierung risikoarm seien.
Elektrische Zahnbürste versus Handzahnbürste
Vielleicht ist das auch in Ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis ein Gesprächsthema: Taugt die gute alte Handzahnbürste noch oder sollte man doch auf die elektrische Zahnbürste umsteigen? Die Evidenz dazu ist ziemlich eindeutig: Putzen mit der elektrischen Bürste verringert Zahnbelag (Plaque) und Zahnfleischentzündung, die wiederum für Parodontitis und Zahnverlust verantwortlich sind. Das tun Handzahnbürsten auch, aber eben nicht so effektiv.
In einem Cochrane Review von 2014 wurden 56 Studien mit insgesamt 5068 Teilnehmenden eingeschlossen. Ihnen wurde nach dem Zufallsprinzip eine elektrische Zahnbürste oder eine Handzahnbürste zugeteilt. Dabei zeigt sich im Durchschnitt ein merklicher, wenn auch nicht dramatischer Vorteil der Verwendung einer elektrischen Zahnbürste, gemessen anhand eines gängigen Index zur Bewertung der Plaqueflächen auf den Zähnen. Die Plaque war nach ein bis drei Monaten Gebrauch um gut zehn Prozent stärker reduziert als bei Gebrauch einer Handzahnbürste. Nach einem längeren Einsatz von mehr als drei Monaten war dieser Unterschied fast doppelt so groß.
Auch Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) gingen nach ein bis drei Monaten um sechs Prozent deutlicher zurück, als beim Putzen per Hand. Nach mehr als drei Monaten lag diese Differenz zwischen Hand- und E-Zahnbürste bei elf Prozent. Auch hier kam in den Studien ein Index für den Schweregrad der Gingivitis zum Einsatz. Der Nutzen für die langfristige Zahngesundheit wurde allerdings nicht ausreichend untersucht. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz wurde von den Cochrane-Autor*innen als moderat bewertet.
Interdentalreinigungsgeräte für den Hausgebrauch
Beim Praxisbesuch wird uns eingeprägt, möglichst vor jedem Zähneputzen Interdentalbürsten oder Zahnseide zu verwenden. Die Erklärung ist plausibel: Normale Zahnbürsten kommen nur schwer in die Bereiche zwischen den Zähnen, wo sich dann Speisereste einnisten können. Um diese Zahnzwischenräume zu erreichen gibt es verschiedene Hilfsmittel: Zahnseide, Interdentalbürsten, Zahnreinigungsstäbchen und Mundspülungen.
Die in einem Cochrane Review zusammengefasste wissenschaftliche Datenlage ist allerdings nicht sehr eindeutig: Zwar zeigt sich auch hier, dass die Verwendung von Zahnseide oder Interdentalbürsten zusätzlich zum Zähneputzen Gingivitis oder Plaque (oder beides) stärker reduzieren kann. Dabei scheinen Interdentalbürsten wirksamer zu sein als Zahnseide. Jedoch ist die Vertrauenswürdigkeit der im Cochrane Review enthaltenen Evidenz hierzu nur gering bis sehr gering.
Für Interdentalsticks und Mundspülungen gibt es nur wenige und recht widersprüchliche Daten. Die Ergebnisse wurden meist nur kurzfristig erfasst und die Teilnehmer wiesen in den meisten Studien ein nur geringes Ausgangsniveau von Zahnfleischentzündungen auf, was das Erkennen eines möglicherweise vorhandenen Effekts erschwert.
Was nun?
Die Wissenschaft liefert gute Belege dafür, dass fluoridhaltige Zahnpasten tatsächlich helfen, Karies vorzubeugen. Für andere wichtige Bereiche der Zahnpflege erlaubt die wissenschaftliche Evidenz aber nur wenig eindeutige Schlussfolgerungen. Es ist also gar nicht so leicht zu entscheiden, wie wir unsere Zähne am besten pflegen können. Im Zweifelsfall ist sicher der Austausch mit einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt zu empfehlen. In der persönlichen Kommunikation lassen sich Unklarheiten schneller auflösen. Zudem kann man Putztipps auch gleich praktisch zusammen üben.
Fachliche Beratung: Falk Schwendicke und Jens Christoph Türp
Was sagen die Leitlinien zum Thema?
„Als Basisprophylaxe sollen die Patienten mindestens zweimal täglich mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta ihre Zähne so putzen, dass eine möglichst vollständige Entfernung des Biofilms resultiert. Dabei können je nach Patient*in unterschiedliche Zahnbürsten zum Einsatz kommen. Lassen sich Speisereste und Biofilm mit alleinigem Zähneputzen nicht ausreichend entfernen, sollen Hilfsmittel zur Approximalraumhygiene (Zahnseide, Interdentalbürsten) zusätzlich verwendet werden.“
Konsentierte Empfehlung aus der deutschen S2k-Leitlinie zur Kariesprophylaxe für bleibende Zähne (zur Aktualisierung anstehend).
Anmerkung: S2k-Leitlinien basieren auf dem Konsens eines Expertengremium, sind also nicht streng evidenzbasiert. Mehr zur Bedeutung von Leitlinien.
Weiterführende Informationen zum Thema:
- Beitrag in Quarks (WDR): Das wissen wir über das richtige Zähneputzen
- Beitrag in WissenWasWirkt: Zähneputzen: Elektrisch vs. von Hand
Zu den anderen Beiträgen unserer Serie zur evidenzbasierten Zahnmedizin: