Gezieltes körperliches Training kann sich positiv auf Vorhofflimmern auswirken

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Sport ist gut für das Herz – so weit, so bekannt. Aber gilt das auch bei Vorhofflimmern oder sollte man sich dann besser schonen? Ein Cochrane Review hat „bewegungsbasierte Reha-Programme speziell für Menschen mit Vorhofflimmern“ untersucht.

Herzklopfen, das man in der Brust oder dem Hals spürt, manchmal verbunden mit Schwächegefühl, schneller Erschöpfung oder Benommenheit, kann ein Zeichen von Vorhofflimmern sein. Bei dieser Herzrhythmusstörung, die mit zunehmendem Alter häufig auftritt, schlägt das Herz schneller und unregelmäßiger als normal. Oft haben Betroffene aber auch keine Beschwerden. Bei einem Vorhofflimmern breiten sich elektrische Impulse in den Vorhöfen unregelmäßig aus. Das führt dazu, dass die Vorhöfe unkontrolliert zittern (flimmern) und dass das Herz weniger Blut in den Körper pumpt. Vorhofflimmern ist zwar nicht unmittelbar lebensbedrohlich, auf Dauer erhöht es aber das Risiko für Schlaganfälle und kann das Herz schwächen.

Regelmäßige Bewegung fördert nachweislich die Gesundheit von Herz und Gefäßen. Aber gilt das auch für den Fall, dass der Herzschlag gestört ist und die Vorhöfe des Herzens unkontrolliert flimmern? Etablierte Herz-Sportgruppen richten sich in erster Linie an Betroffene, die einen Herzinfarkt erlitten haben oder an Herzschwäche leiden. Leitlinien empfehlen bei Vorhofflimmern eine ganzheitliche Herangehensweise zur Behandlung und Unterstützung der Betroffenen. Es ist jedoch noch weitgehend ungeklärt, inwieweit neben Medikamenten und operativen Eingriffen (Katheterablationen) auch körperliches Training dazu zählen sollte.

Der Stand der Wissenschaft

Diese Lücke füllt nun ein aktueller Cochrane Review: Ausgewertet wurden 20 Studien mit 2039 Menschen, bei denen Vorhofflimmern dauerhaft oder zeitweise auftrat. Über einen Zeitraum von acht Wochen bis zu einem Jahr nahmen die Betroffenen an speziell für diese Patient*innengruppe konzipierten bewegungsbasierten Reha-Programmen teil. 15 Studien untersuchten nur körperliches Training, die anderen 5 Studien kombinierten körperliches Training mit Schulungen und psychologischer Unterstützung. Beispielsweise gab es Schulungen zur Bedeutung der medikamentösen Behandlung und psychologische Unterstützung zum Erlernen von Stressbewältigungsstrategien.

Die in den Studien untersuchten Bewegungsprogramme unterschieden sich in folgenden Aspekten:

  • Dauer der Bewegungsprogramme: üblicherweise mehrere Therapiestunden pro Woche, über einen Zeitraum von 2 bis 3 Monaten
  • Intensität der Belastung: In elf Studien fand moderates, in fünf Studien leichtes und in vier Studien hochintensives Training statt.
  • Trainingsform: Ausdauer- und/oder Krafttraining oder alternative Trainingsarten mit Übungen zur Atemkontrolle (z. B. Yoga, Qigong)
  • Trainingsstruktur: Die Bandbreite reichte von selbstständigem Training zu Hause bis zu betreuten Einheiten unter (sport-)medizinischer Anleitung.

Keine belastbare Aussage zum Sterberisiko möglich

Über den untersuchten Zeitraum von bis zu einem Jahr konnte kein Unterschied in der Sterblichkeit zwischen den Teilnehmenden der Bewegungsprogramme und denjenigen festgestellt werden, die entweder eine Standardbehandlung, keine Behandlung oder eine Anleitung zum Risikofaktorenmanagement ohne körperliches Training erhielten. Allerdings war die Zahl der Todesfälle in den Studien über diesen vergleichsweise kurzen Zeitraum gering oder es traten gar keine Todesfälle auf, sodass gesicherte Aussagen dazu derzeit nicht möglich sind.

Durch Training verbessern sich wahrscheinlich die Beschwerden und die Lebensqualität

Betroffene, die an Bewegungsprogrammen teilnahmen, berichten aber von folgenden Verbesserungen im einjährigen Untersuchungszeitraum: Durch den gestörten Herzschlag verursachte belastende Beschwerden wie Herzrasen, Atemnot, Müdigkeit und Schwindel besserten sich. Auch die mentale Gesundheit der Betroffenen, d.h. Angst und Sorgen im Zusammenhang mit der Erkrankung, stuften die Teilnehmenden der Fitness-Programme subjektiv positiver ein. Und wahrscheinlich tritt bei den Menschen in den Bewegungsprogrammen seltener eine erneute Episode von Vorhofflimmern auf. Alle diese Aussagen gelten als „wahrscheinlich“, aber nicht als „sicher“. Denn die Patient*innen wussten, ob sie der Trainings-Gruppe oder der inaktiven Gruppe zugeteilt worden waren. Das kann sich auf ihre Beurteilung der Beschwerden ausgewirkt haben. In einigen Studien lagen zudem für die Teilnehmenden der Kontrollgruppe keine vollständigen Daten vor oder es war nicht gewährleistet, dass alle Studienteilnehmenden in der Auswertung berücksichtigt wurden und nicht nur die, die erfolgreich am Fitnessprogramm teilgenommen haben.

Sport scheint dem Herz auch bei Vorhofflimmern gut zu tun

In den letzten Jahren hat sich das Wissen über Bewegungsprogramme bei Vorhofflimmern erheblich erweitert. Gezielte körperliche Aktivität scheint dem Herz auch bei Vorhofflimmern zu helfen. Gerade bei häufig gleichzeitig auftretenden Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder koronarer Herzkrankheit ist Herzsport nachweislich wirksam und ausdrücklich empfehlenswert. Noch ist jedoch unklar, welche Trainingsform oder Sportart sich für Betroffene am besten eignet. Aktuell werden dazu zahlreiche Studien durchgeführt – unter anderem zu hochintensivem Intervalltraining (HIIT) und zur Kombination aus Bewegung und Meditation, wie sie beispielsweise Tai Chi bietet.


Text: Dr. Birgit Schindler


Zur laienverständlichen Kurzzusammenfassung des Reviews


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