Warum gilt die RCT als „Königin der Studien“? Was genau sind die Vor-und Nachteile der prospektiven Beobachtungsstudie oder der retrospektiven Fall-Kontroll-Studie? Kurze Antworten gibt es in unserer neuen Serie „Kleines 1×1 der Studientypen“. Nachdem wir die Serie mit der randomisiert kontrollierten Studie (RCT) begonnen haben, gehen wir in den nächsten beiden Beiträgen auf Sonderformen von RCTs ein.
In der Musik denkt man bei dem Wort „Cross-over“ an Bands wie die Red Hot Chilli Peppers. Cross-over gibt es auch in der klinischen Forschung in Form der Cross-over-Studie, einer Sonderform der randomisierten kontrollierten Studie (RCT).
In einer RCT werden die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen verteilt. Normalerweise nutzt man dann das sogenannte Parallelgruppendesign. Das heißt, die erste Gruppe bekommt die zu untersuchende Behandlung und die zweite parallel eine Kontrollbehandlung, z.B. ein Placebo.
Genau so läuft auch die erste Phase einer Cross-over-Studie ab. Doch beim Cross-over geht es weiter: Zunächst folgt eine Behandlungspause, die sogenannte Washout-Phase, in der die Wirkung der ersten Behandlung abklingen soll. Dann wird getauscht, das heißt jetzt erhält Gruppe zwei die Behandlung und Gruppe eins die Kontrolle. Auf diese Weise ist jede Person einmal in der Behandlungs- und einmal in der Kontrollgruppe, nur eben zu unterschiedlichen Zeiten.

Cross-over: Licht….
Der entscheidende Vorteil dieses Cross-over-Designs ist, dass man mit weniger Teilnehmenden auskommt, um die gleiche statistische Aussagekraft zu erhalten – das kann vor allem für Studien zu seltenen Erkrankungen hilfreich sein. Zudem dient jede Testperson als ihre eigene Kontrolle, was die Vergleichbarkeit erhöht und auch ethisch günstig sein kann, weil keinem der Teilnehmenden die zu prüfende Intervention vorenthalten werden muss.
…aber auch Schatten
Das Cross-over-Studiendesign hat aber auch entscheidende Nachteile. So ist es schwer zu sagen, wie lange die Behandlungspause sein muss, um sogenannte Carry-over-Effekte auszuschließen. Schließlich will man sicher sein, dass bei den Teilnehmenden der Kontrollgruppe in der zweiten Behandlungsphase nicht noch eine verbleibende Wirkung der Behandlung aus Phase eins vorhanden ist. Aus diesem Grund kann man Cross-over-Studien nur anwenden, wenn sich Behandlungseffekte schnell entwickeln und in der Washout-Phase auch schnell wieder nachlassen.
Eine weitere Einschränkung ist, dass Krankheiten meist nicht konstant verlaufen. Das erschwert den Vergleich zwischen den Phasen. Denn wenn die Symptome gegen Ende der Studie nachlassen, könnte dies u.U. nicht der Effekt der Behandlung, sondern eben der natürliche Verlauf der Erkrankung sein. Cross-over-Designs sind also dann geeignet, wenn die Behandlungseffekte schnell eintreten und ebenso schnell abklingen.
Fazit
Das Cross-over-Design kann unter bestimmten Voraussetzungen eine nützliche Methode sein, um die Wirkung von Behandlungen in klinischen Studien zu untersuchen. Es bietet Vorteile in Bezug auf Effizienz und interne Validität, erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und Durchführung, um potenzielle Nachteile wie den Carry-over-Effekt zu minimieren. Wegen dieser Nachteile fristen Cross-over-Studien in der Wissenschaft eher ein Nischendasein – ganz im Gegensatz zu den zu den Red Hot Chili Peppers, die seit über 30 Jahren Stadien füllen.
Wie schon angekündigt, gibt es neben der Cross-over Studie noch weitere Sonderformen von RCTs. In unserem nächsten „Kleinen 1×1 der Studientypen“ werden wir uns der Cluster-RCT widmen.
Text: Birgit Schindler, Franziska Halter
Alle Beiträge dieser Serie:
Warum gilt die RCT als „Königin der Studien“? Was genau sind die Vor- und Nachteile einer prospektiven Beobachtungsstudie oder einer retrospektiven Fall-Kontroll-Studie? Kurze Antworten gibt es in unserer Serie „Kleines 1×1 der Studientypen“.
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