Vitamin-D-Präparate liegen im Trend – viele Menschen greifen inzwischen regelmäßig zu Kapseln oder Tabletten mit dem „Sonnenvitamin“. Vitamin-D-Präparate sollte man vor allem dann einnehmen, wenn ein Mangel festgestellt wurde. Bisher gibt es keine eindeutigen Belege dafür, dass eine zusätzliche Zufuhr ohne Defizit einen gesundheitlichen Nutzen bei verschiedenen Erkrankungen bringt. Auch zwei aktuelle Cochrane Reviews kommen zu dem Ergebnis: In randomisiert kontrollierten Studien – der zuverlässigsten Studienform, um eine Ursache-Wirkungs-Beziehung nachzuweisen – zeigte sich weder bei Asthma noch bei COPD ein relevanter Einfluss auf den Krankheitsverlauf.
Asthma und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) gehören zu den häufigsten Lungenkrankheiten. Bei beiden sind die Atemwege verengt, sodass das Atmen schwerfällt und oft Husten auftritt. Bei COPD verschlechtert sich die Lungenfunktion meist nach und nach dauerhaft. Asthma hingegen führt in der Regel nur vorübergehend zu einer Verengung der Atemwege – meist durch eine Entzündung, die oft von Allergien oder Reizstoffen ausgelöst wird.
Auffällig ist: Viele Menschen mit Asthma oder COPD haben niedrige Vitamin-D-Werte im Blut. Das hat zu der Vermutung geführt, dass Vitamin-D-Präparate helfen könnten, Krankheitsschübe zu reduzieren und die Beschwerden zu lindern. Doch wie stichhaltig ist diese Annahme?
Cochrane Reviews zu Vitamin D bei Asthma und COPD
Zwei Cochrane Reviews werteten alle randomisierten kontrollierten Studien zur Vitamin-D-Verabreichung bei COPD und Asthma aus. In 10 Studien mit insgesamt 1272 COPD-Patient*innen und 20 Studien mit 2225 Asthma-Patient*innen – darunter 15 Studien mit an Asthma erkrankten Kindern – wurde über Zeiträume von drei bis 40 Monaten untersucht, welchen Einfluss die Gabe von Vitamin D im Vergleich zu einem Placebo (Scheinmedikament) auf die Erkrankungen hat. Die Studienteilnehmenden hatten mehrheitlich eine leichte bis mittelschwere Krankheitsausprägung und keinen ausgeprägten Vitamin-D-Mangel.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Verabreichung von Vitamin D keinen oder nur einen minimalen Effekt auf das Auftreten akuter Krankheitsverschlechterungen, sogenannter Exazerbationen, hat. Auch bei Lungenfunktionstests schnitten die Vitamin-D-Gruppen nicht besser ab. Für Asthma wird diese Aussage zur Lungenfunktion als sicher eingestuft, für COPD als wahrscheinlich.
Unter Asthmakontrolle versteht man, wie gut eine Person mit Asthma ihre Symptome und Alltagseinschränkungen bewältigt. Wahrscheinlich wird diese durch Vitamin D nicht verbessert. Bei COPD zeigte keine der untersuchten Studien einen messbaren Einfluss auf die Lebensqualität – unabhängig davon, welcher Fragebogen (in jeder Studie unterschiedlich) verwendet wurde.
Große Bandbreite bei Dosierungen
Die verabreichte Dosis, die Häufigkeit der Verabreichung und die Vitamin-D-Form variierten stark in den Studien. Die Mehrheit der Studien untersuchte die Verabreichung von Vitamin D3 (Cholecalciferol) in Form von Tabletten oder Weichgelatinekapseln, mit täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Dosierungsintervallen. Am häufigsten wurden dabei Tagesdosen von 1000 I.E. oder Monatsdosen von 100.000 I.E. Vitamin D3 untersucht. Studien, die sich mit speziellen Formen von Vitamin D wie Calcidiol (25-Hydroxy-Vitamin D) befassen, sind bislang die Ausnahme.
Vitamin D zeigte keinen Effekt
Für die meisten Menschen mit Asthma oder COPD führt die Einnahme von Vitamin-D-Präparate weder dazu, dass sie weniger Episoden mit einer Krankheitsverschlechterung haben noch dass sich ihre Beschwerden verbessern. Dennoch wird in diesem Bereich weiter intensiv geforscht: Derzeit laufen weitere Studien sowohl zu Asthma als auch zu COPD. Künftige Ergebnisse könnten insbesondere Aufschluss darüber geben, ob ein potenzieller Nutzen davon abhängt, wie hoch die Konzentration von Vitamin D im Blut ist oder wie schwer die Krankheit ausgeprägt ist.

Text: Dr. Birgit Schindler
Zum Review „Vitamin D bei Asthma“
Zum Review „Vitamin D bei COPD“
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