Füße, Knöchel und Beine sind dick angeschwollen und schwer, die Socken schnüren ein, der Fuß passt nicht mehr in den Schuh: Eine chronische Venenschwäche kann einem das Leben ziemlich beschwerlich machen. Und sie trifft viele: Etwa 20 von 100 Deutschen haben Krampfadern – je älter, desto häufiger. Manche versuchen mit Wasseranwendungen den venösen Rückfluss zu unterstützen und gehen für eine Balneotherapie in Kurorte. Nur: Hilft das wirklich – oder ist das nur Wellness? Diese Frage untersucht ein Cochrane Review aus dem Jahr 2023.
Bei einer chronischen Venenschwäche (medizinisch: chronisch-venöse Insuffizienz) fühlen sich die Beine oft schwer an und sind geschwollen. Langes Stehen fällt schwer. Die Beine, besonders im Bereich der Knöchel und Waden, schwellen im Laufe des Tages an und Socken schnüren ein. Die Schwellungen können so stark sein, dass die Betroffenen Schwierigkeiten haben, ihre normalen Schuhe zu tragen. Die Haut am Unterschenkel kann jucken oder sich verfärben. Durch die Stauung des Blutes in den Venen können sich Krampfadern bilden, die als geschlängelte und vergrößerte Venen an der Hautoberfläche sichtbar sind. Der dadurch entstehende Druck erschwert die Durchblutung und damit die Sauerstoffversorgung des Gewebes. Schlimmstenfalls können aus einer kleinen Verletzung chronische Wunden entstehen.
Kaputte Klappen als Ursache
Klappen in den Venen der Beine verhindern in regelmäßigen Abständen einen Rückfluss des Blutes, indem sie den Blutstrom nach dem Prinzip eines Rückschlagventils nur in eine Richtung erlauben. Eine Venenschwäche (medizinisch: chronisch-venöse Insuffizienz) entsteht, wenn die Klappen in den Venen der Beine nicht mehr vollständig schließen. Das hat zur Folge, dass das Blut in den Beinen, das entgegen der Schwerkraft zum Herzen hochgepumpt werden muss, immer wieder zurückfließt und sich in den Beinen staut. Die Venenklappen verhindern dieses Zurückfließen normalerweise. Eine tiefe Venenthrombosen kann die Gefäßwände oder Venenklappen beschädigen, so dass sich das Blut in der Vene dauerhaft staut.
In der Folge erweitern sich die Venen und die beschriebenen Symptome entstehen. Durch eine chronische Venenschwäche steigt zudem das Risiko für Blutgerinnsel und damit beispielsweise für lebensgefährliche Lungenembolien.
Um die Beschwerden bei chronischer Venenschwäche zu lindern, werden medizinische Kompressionsstrümpfe, Bewegung und Hochlagern der Beine empfohlen. Reicht dies nicht aus, können Krampfadern durch einen operativen Eingriff verschlossen oder entfernt werden.
Balneotherapie bei chronischer Venenschwäche auf dem Prüfstand
Etliche Betroffene erhoffen sich Linderung durch die Balneotherapie („Wassertherapie“). Das Wasser soll von außen auf das Gewebe drücken und dadurch Druck auf die Venen ausüben. Das könnte den Rückfluss des Blutes aus den gestauten Venen fördern.
Quer durch Europa haben therapeutische Wasseranwendungen eine lange Tradition; viele Heilbäder und Kurorte bieten Balneotherapien an, etwa kontrolliertes Gehen in halbtiefem Wasser („Wassertreten“), Wassergymnastik, Unterwassermassage und Kneipp-Wechselduschen. Es gibt aber keinen Konsens über ein optimales Therapieprotokoll dieser traditionellen Wasseranwendungen.
Cochrane Forscher*innen werteten im Jahr 2023 sieben Studien aus – drei aus Frankreich, zwei aus Österreich und je eine aus Italien und den USA. Die Studien verglichen Betroffene, die Balneotherapie erhielten, mit Betroffenen ohne Balneotherapie. Untersucht wurden 1057 ältere Erwachsene mit chronischer Venenschwäche, deren mittleres Alter bei 58 bis 65 Jahren lag – und von denen der Großteil weiblich war. Die meisten bekamen über mehrere Wochen in einem spezialisierten Kurort mehrmals täglich Wasserwendungen zwischen 15 und 30 Minuten. Einen einheitlichen Therapieplan für die Balneotherapie gab es nicht. Keine der Studien hat untersucht, welche Auswirkungen es hat, wenn man zufällig in einem Wassertretbecken am Wegesrand watet. Stattdessen basieren alle Studien auf strukturierten Formen intensiver Wassertherapie.
Balneotherapie verbessert die Beschwerden bei chronischer Venenschwäche etwas
Nach drei bis zwölf Monaten verbessert die Balneotherapie den Schweregrad der Venenschwäche wahrscheinlich leicht – nämlich um 1,8 Punkte auf einer 27-Punkteskala (drei Studien mit 671 Teilnehmenden). „Wahrscheinlich“ müssen wir deshalb sagen, weil der Cochrane Review die Ergebnisse der ausgewerteten Studien als moderat vertrauenswürdig einstuft. Nach den Cochrane-Standards ist das die zweithöchste Zuverlässigkeitsstufe, die Studienergebnisse erreichen können. Die höchste Stufe wurde nicht erreicht, weil die Cochrane-Autor*innen bei ihrer Zusammenfassung ein methodisches Grundsatzproblem hatten: Nämlich die Frage, wie sehr ein Kuraufenthalt an sich schon dafür sorgt, dass die Betroffenen ihre Beschwerden geringer einschätzen – trotz unveränderter Venenschwäche. Diese Unklarheit führt dazu, dass keines der Ergebnisse nach den strengen Cochrane-Standards als „sehr vertrauenswürdig“ eingestuft wird.
Fragt man nach drei bis sechs Monaten nach, haben sich die Schmerzen möglicherweise etwas verbessert – und zwar um rund einen Punkt auf einer 10-Punkteskala. „Möglicherweise“ muss man sagen, weil die Vertrauenswürdigkeit dieses Ergebnisses gering ist – da ist Cochrane streng.
Nach 12 Monaten verbessern sich auch Hautverfärbungen möglicherweise – und zwar um 3,6 Punkte auf einer 10-Punkteskala (Daten aus einer Studie mit 59 Teilnehmenden).
Ob Balneotherapie vor Gefäßverschlüssen, Wundrosen und Beingeschwüren bewahrt, weiß man nicht. Dazu gibt es zu wenig gute Daten.
Noch offene Fragen in Sachen „Badekuren für die Beine“
Eine gewisse Linderung scheint die Balneotherapie bei chronischer Venenschwäche also zu bringen – mehrmals tägliche Anwendung über mehrere Wochen vorausgesetzt. Unklar ist allerdings, ob diese groß genug ist, um für die Betroffenen in Ihrem Alltag spürbar zu werden. Die Cochrane Autor*innen haben zudem einen recht langen Forderungskatalog, was noch erforscht werden sollte etwa welches Behandlungsprotokoll am besten wirkt oder wie Balneotherapie langfristig im Vergleich zu anderen Behandlungen (z.B. Medikamente, Physiotherapie) abschneidet.
Können Kompressionsstrümpfe eine tiefe Venenthrombose auf Flugreisen verhindern? Cochrane-Evidenz zu diesem Thema finden Sie hier .
Text: Dr. Birgit Schindler