Symbolbild mit Uhrzeigern zum Intervallfasten

Intervallfasten: Hilft es auch Herz und Kreislauf?

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Das Intervallfasten ist eine derzeit sehr beliebte Methode, ein paar Kilos abzunehmen. Und auch für Herz und Kreislauf soll es gut sein, sagen seine Anhänger und Anhängerinnen. Doch wie gut ist dieser Zusammenhang belegt? Ein aktueller Cochrane Review ging dieser Frage nach.

Vor einem Jahr habe ich mich für das Intervallfasten, auch intermittierendes Fasten genannt, entschieden. Denn diese Ernährungsweise erlaubt mir zu essen, was und wie viel ich will, und trotzdem mein Gewicht zu halten. Zudem habe ich immer wieder gelesen, dass ich damit mein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken kann. Die einzige Einschränkung die ich mir mit dem Intervallfasten auferlege: Ich darf nur in einem bestimmten, aber individuell anpassbaren Zeitraum essen, die übrige Zeit ist Fastenzeit.

Intervallfasten – was ist das?

Als Regel gilt, dass die Kalorienzufuhr für mindestens 12 Stunden am Tag komplett gestoppt wird. Ich persönlich faste 16 Stunden am Tag und esse dafür in den anderen 8 Stunden, was ich möchte. Dies wiederholt sich dann Tag für Tag.

In England, wo die gegenwärtige Mode vor fast zehn Jahren begann, wird das Intervallfasten „time-restricted feeding“ genannt. Davon gibt es dann wiederum eine Reihe von Varianten. Beim „alternate day fasting“ etwa fastet man jeden zweiten Tag, im Wechsel mit einem Tag normaler Ernährung. Die Variante des „modified alternate day fasting“ funktioniert nach dem gleichen Prinzip, mit dem Unterschied, dass man an den Fastentagen noch einige wenige Kalorien (max. 600 kcal) zu sich nimmt. Ein weiteres Beispiel ist das „periodic fasting“: An ein bis zwei Tagen pro Woche wird gefastet, dafür ernährt man sich den Rest der Woche normal.

Das Intervallfasten hat also recht einfache Regeln, die lediglich Vorgaben zum Wann, nicht aber zum Was und Wieviel der Ernährung machen. Das soll es erleichtern, das eigene Körpergewicht zu reduzieren beziehungsweise zu halten. Zudem sagen viele seiner Anhänger dem Intervallfasten auch andere gesundheitsförderliche Wirkungen nach, insbesondere von einer Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist oft die Rede (siehe auch unsere Serie zum Thema Herz und Ernährung). Ein kürzlich veröffentlichter Cochrane Review geht der Frage nach, wie gut diese Heilsversprechen durch wissenschaftliche Evidenz belegt sind.

Weltweit häufigste Todesursache: Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Zu den Herz-Kreislauf-Erkrankungen (kardiovaskulären Erkrankungen) zählen koronare Herzerkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall und Bluthochdruck. Sie sind weltweit die häufigste Todesursache überhaupt. Dabei schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass rund 80 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermeidbar wären. Denn viele Risikofaktoren, die diese Krankheit begünstigen, lassen sich durch den Lebensstil stark beeinflussen.

Dazu gehören neben dem Rauchen auch Übergewicht und Adipositas. Zwar ist die genaue Grenze umstritten, ab der Übergewicht zur Gesundheitsgefahr wird, ebenso wie die Frage nach Ursache und Wirkung bei vielen Korrelationen zwischen Lebensstil und Gesundheit. Unterm Strich herrscht unter Ernährungsforscher*innen allerdings weitgehende Einigkeit: Bewegung und eine gesunde und ausgewogene Ernährung helfen nicht nur, überschüssiges Körperfett loszuwerden, sondern auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern. Doch welche Bedeutung kommt dabei dem Intervallfasten zu?

Cochrane will es wissen

Der Anfang des Jahres erschienene Cochrane Review „Intermittierendes Fasten zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ geht der Frage nach, wie sich die vier bereits erwähnten Varianten des Intervallfastens auf kardiovaskuläre Erkrankungen auswirken. Dafür suchten die Autoren nach randomisierten kontrollierten Studien, die Teilnehmende mit und ohne Diabetes, übergewichtige, adipöse und normalgewichtige Menschen einschließen, ebenso wie Menschen mit und ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren.

Als Vergleich diente in den eingeschlossenen Studien einerseits eine normale Ernährungsweise, d.h. den Teilnehmenden der Kontrollgruppe wurden also keine Vorgaben gemacht. Aber auch der Vergleich des Intervallfasten mit klassischen Diätformen mit kontinuierlicher Kalorienreduktion interessierte die Autoren. Nach systematischer Suche fanden sie 18 Studien mit insgesamt 1125 Teilnehmenden, die ihren Einschlusskriterien entsprachen.

Geringe Aussagekraft

Um es vorweg zu nehmen: Die Ergebnisse erlauben kaum klare Aussagen zu möglichen Vor- und Nachteilen des Intervallfastens. Denn die Autoren stuften ihre Vertrauenswürdigkeit im GRADE-System zur Bewertung von Evidenz durchgängig als niedrig oder sehr niedrig ein. Grund dafür waren Probleme mit Design, Durchführung und Berichterstattung vieler Studien, zudem kamen unterschiedliche Studien zu teils sehr inkonsistenten Befunden. Schließlich liefen die meisten Studien einfach zu kurz, um langfristige Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Gesundheit abschätzen zu können.

Hat das Intervallfasten nun positive Effekte?

Die zentrale Frage des Reviews, ob Intervallfasten kardiovaskulären Erkrankungen vorbeugt, muss also offen bleiben, bis wir bessere Studien zur Verfügung haben. Aber der Review enthält trotzdem einige interessante Ergebnisse. Eine Analyse verglich das Intervallfasten mit einer „normalen“ Ernährungsweise über kurze Zeiträume (bis zu 3 Monate). Hinsichtlich der absoluten Veränderung des Körpergewichts ließ sich (bei GRADE-Bewertung „niedrig“) ein Vorteil zugunsten des Intervallfastens feststellen. Menschen, die den Vorgaben des Intervallfastens folgten, nahmen demnach im Vergleich zur Kontrollgruppe fast 2,9 Kilogramm ab.

Die Review-Autoren verglichen das Intervallfasten auch mit der kontinuierlichen Kalorienreduktion anderer Diäten. Dabei fanden sie Studien sowohl über kurze Zeiträume (bis zu 3 Monate), als auch über mittlere Zeiträume (4 bis 6 Monate). Hier zeigte sich jedoch in puncto Gewichtsreduktion kein Vorteil für das Intervallfasten.

Außerdem fanden die Autoren keine klaren Hinweise darauf, ob das Intervallfasten gegenüber einem „normalen“ Essverhalten oder im Vergleich zu einer kontinuierlichen Kalorienreduktion auf kurze oder mittlere Sicht einen deutlichen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat.

Nur eine der Studien untersuchte das Wohlbefinden der Teilnehmenden mit Hilfe eines Fragebogen-Tests. Sie kommt zu dem Schluss, dass mit dem Intervallfasten etwas bessere Werte für das körperliche Wohlbefinden einhergingen.

Unerwünschte Nebeneffekte des Intervallfastens wurden nur von vier der eingeschlossenen Studien berichtet. Sie beschränkten sich auf leichte Kopfschmerzen bei einigen Teilnehmenden.

Was wir noch nicht wissen

Die Zusammenfassung der Studienergebnisse legt nahe, dass Intervallfasten gegenüber einer normalen Ernährung möglicherweise helfen könnte, Gewicht zu verlieren. Dabei wäre der Effekt von Intervallfasten vergleichbar mit dem einer klassischen Diät mit Kalorienbeschränkung. Allerdings beruhen diese Aussagen auf wenig zuverlässiger Evidenz. Künftige Studien könnten das Bild also leicht in die eine oder andere Richtung verschieben.

Zum Thema Intervallfasten bleibt noch eine Menge zu erforschen. So gibt es bisher nur wenige Studienergebnisse zu der Frage, ob das Intervallfasten kardiovaskuläre Erkrankungen verhindert. In den eingeschlossenen Studien des Reviews fanden sich zudem keine Daten zu Auswirkungen des Intervallfastens auf die Sterblichkeit und das Risiko eines Herzinfarkts oder einer Herzschwäche. Allerdings handelt es sich hierbei auch um Auswirkungen, die man erst nach deutlich längerer Zeit als die maximal 6 Monate Beobachtungszeit der eingeschlossenen Studien erwarten würde.

Die Evidenz ist schwach, doch ich bleibe dabei

Ich persönlich bleibe überzeugt vom Intervallfasten, trotz der wenig aussagekräftigen Ergebnisse des Reviews. Denn diese Diät-Variante erspart mir das Kalorienzählen und ich muss dabei nicht auf bestimmte Nahrungsmittel wie Schokolade verzichten. Sie hilft mir mein Gewicht zu halten, ohne mich dabei anstrengen oder viel nachdenken zu müssen. Das macht es leicht, dieser Ernährungsweise zu folgen. Darüber hinaus habe ich persönlich an mir selbst noch keine Nebenwirkungen entdecken können.

Vermutlich können viele Ernährungsweisen zum Ziel der Gewichtsreduktion führen und es ist zumindest plausibel, dass sie dadurch auch kardiovaskulären Erkrankungen vorbeugen. Wenn man – aus welchen Gründen auch immer – seine Ernährung umstellen möchte, finde ich es wichtig, eigene Erfahrungen zu machen und sich schließlich für jene Diät zu entscheiden, mit der man persönlich am besten zurechtkommt.

Text: Sophia Schwegler studiert Gesundheitswissenschaften an der FH Furtwangen und hospitiert zurzeit bei Cochrane Deutschland

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