Kinder sitzen nicht gern still und haben einen stärkeren Bewegungsdrang als Erwachsene. Beginnt das Kind jedoch an seiner Hyperaktivität zu leiden und ist es in der Schule stark unkonzentriert, könnte ein Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) vorliegen. Von Fachärzten werden betroffenen Kindern Medikamente verschrieben, die die Substanz Methylphenidat (z.B. Markenname „Ritalin“) enthalten. Doch hält der Wirkstoff tatsächlich, was Ärzte versprechen und Eltern erhoffen?
Es klingt einfach und plausibel. Der kleine Zappelphilipp nimmt auf Rezept des Facharztes für Psychiatrie täglich eine Tablette ein und damit sind Schulprobleme und Konzentrationsstörungen Geschichte. Methylphenidat (bekannt etwa unter dem Markennamen „Ritalin“) ist der Wirkstoff, der Kindern und Jugendlichen mit ADHS derzeit am häufigsten verschrieben wird. Methylphenidat steuert den „Gehirnstoffwechsel“ im positiven Sinn, indem es die Wiederaufnahme von Dopamin in den Nervenzellen des Gehirns blockiert. Dopamin ist ein Nervenbotenstoff, der leistungssteigernd und konzentrationsfördernd wirkt, wenn er ausreichend ausgeschüttet werden kann.
Was kann Methylphenidat wirklich?
Dass es nicht ganz so einfach ist, zeigt ein aktueller Cochrane Review. Die Ergebnisse basieren auf 185 randomisierten kontrollierten Studien, in die 12.245 Kinder und Jugendliche – durchschnittlich 9,7 Jahre alt – einbezogen wurden. Ziel der Studien war es, Wirkungen und mögliche Nebenwirkungen von Methylphenidat im Vergleich mit einem Scheinmedikament oder keiner Behandlung herauszufinden. Da die Behandlungsdauer in allen Studien durchschnittlich 75 Tage betrug, kann man derzeit keine verlässlichen Aussagen über die Langzeitwirkung/-nebenwirkungen des Medikaments treffen.
Eines haben alle Studien im Wesentlichen gemeinsam: Methylphenidat hilft zwar, die Hauptsymptome, also Hyperaktivität und Konzentrationsstörungen zu verringern, doch wie groß der Nutzen des Medikaments langfristig tatsächlich ist, kann nicht gesagt werden.
Allerdings zeigte sich, dass Schlafprobleme und Appetitlosigkeit als häufigste Nebenwirkungen mit der Medikation einhergehen können. Unbekannt ist bisher, welche Nebeneffekte das Medikament in seiner Langzeitwirkung hat.
Die Forscher geben zu bedenken, dass künftig längere Studien mit methodisch besserer Qualität durchgeführt werden müssen in denen auch Nebenwirkungen genau untersucht werden. Fachärzten empfehlen sie, die Substanz mit Bedacht einzusetzen, und potentiellen Nutzen und Schaden umfassend abzuwägen.
Hier geht’s zum Original Cochrane Review für diesen Blogbeitrag: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD009885.pub2/full
Autorin: Mag. Dr. Doris Simhofer