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Hilft Beckenbodentraining Frauen mit Urininkontinenz?

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Betroffene trauen sich nicht mehr herzhaft zu lachen, fürchten sich vor dem nächsten Niesen, oder schränken körperliche Aktivitäten ein, aus Angst versehentlich Urin zu verlieren. Urininkontinenz ist weit verbreitet aber nach wie vor spricht niemand darüber. Als Maßnahme, um Urininkontinenz zu lindern oder zu heilen, wird häufig die Umsetzung von Beckenbodentraining empfohlen. Ein aktualisierter Cochrane Review untersucht, wie wirksam das Trainieren des Beckenbodens für Frauen mit Urininkontinenz ist.

Frauen sind aus verschiedenen Gründen (z.B. Schwangerschaft, Anatomie) anfälliger für Urininkontinenz und daher im Fokus dieses Beitrags. Schätzungen zu Folge sind 26 – 61% (www.uptodate.com/contents/evaluation-of-women-with-urinary-incontinence?source=search_result&search=incontinence&selectedTitle=1~150) der Frauen von Urininkontinenz betroffen. Rund die Hälfte der betroffenen Frauen leidet unter Stress- bzw. Belastungsinkontinenz. Bei dieser Form führt körperliche Anstrengung oder Aktivität wie zum Beispiel Sport, Husten, oder Lachen dazu, dass unfreiwillig Harn verloren wird. Ein funktionsschwacher Harnblasenverschluss, wie er beispielsweise bei Frauen mit geschwächter Beckenbodenmuskulatur vorkommt, ist oft die Ursache für diese Form der Inkontinenz. Dranginkontinenz beschreibt eine Form der Inkontinenz, bei der plötzlich starker Harndrang einsetzt. Betroffene können diesem nicht lange Stand halten und erreichen oft nicht rechtzeitig die Toilette. Eine übersteigerte Blasensensibilität oder plötzliches Zusammenziehen des Muskels, der die Entleerung der Blase steuert, können hier die Ursache sein. Wenn bei Frauen Merkmale beider Formen vorliegen, spricht man von einer Mischinkontinenz.

Urininkontinenz kann neben körperlichen Folgen (z.B. Harnwegsinfekte, Hautausschläge) auch negative Auswirkungen auf das soziale und berufliche Leben haben. Sie kann dazu führen, dass Betroffene Freizeitaktivitäten außerhalb ihres Zuhauses einschränken, Erwerbstätigkeiten frühzeitig aufgegeben, und sich von Familie und Freunden aufgrund von Schamgefühlen zurückziehen.

Behandlungsmöglichkeiten bei Urininkontinenz

Behandlungsmöglichkeiten bei Urininkontinenz sind vielfältig und reichen von konservativen Maßnahmen wie Physiotherapie oder gezieltem Blasentraining bis hin zur Behandlung mit Medikamenten oder Operationen. Sehr häufig wird Beckenbodentraining empfohlen, das sowohl bei Stress-, Drang-, als auch bei Mischinkontinenz wirken soll. Dabei handelt es sich um körperliche Übungen, die zu mehr Stärke, Ausdauer, Kraft, und Entspannungsfähigkeit des Beckenbodenmuskels führen sollen.

Infobox

Der Beckenboden ist eine Muskelplatte, die den Bauch- und Beckenorganen Halt gibt, die Schließmuskulatur von After und Harnröhre unterstützt und hohem Druck, der beispielsweise beim Husten oder bei körperlicher Aktivität entsteht, standhält.

Der Beckenboden kann durch Übergewicht, langes Sitzen, und schlechte Haltung mit der Zeit geschwächt werden. Schwangerschaft und Geburt führen auch bei vielen Frauen zu einer Schwächung des Beckenbodenmuskels.

Um seinen Beckenbodenmuskel wieder zu stärken, kann gezieltes Beckenbodentraining durchgeführt werden. Dabei wird der Beckenboden angespannt, diese Spannung für einige Zeit gehalten, dann wird er wieder entspannt. Diese Übungen werden mit der Atmung kombiniert und mehrmals durchgeführt. Viele verschiedene Übungen können im Stehen, Liegen, oder Sitzen angewandt werden, um den Beckenbodenmuskel zu stärken. Hierzu können PhysiotherapeutInnen, ÄrztInnen, oder Hebammen um Rat gefragt werden. Auch im Alltag kann man Maßnahmen zur Stärkung des Beckenbodens ergreifen, die in erster Linie darauf abzielen, den Muskel nicht zu stark zu beanspruchen. Beispielsweise kann eine gerade Haltung oder richtiges Heben den Beckenboden entlasten (https://www.gesundheitsinformation.de/beckenbodentraining.2288.de.html).

Cochrane Review zeigt Wirksamkeit

Vor kurzem wurde ein aktualisierter Cochrane Review veröffentlicht, der untersucht hat, wie wirksam Beckenbodentraining bei Frauen mit Urininkontinenz im Vergleich zu keiner Maßnahme oder inaktiven Maßnahmen (z.B. Verwendung von Inkontinenzeinlagen) ist.

Insgesamt wurden 31 Studien mit 1817 Frauen aus 14 Ländern in den Cochrane Review eingeschlossen. Der Großteil der Studien untersuchte Frauen mit Stressinkontinenz. Der Beobachtungszeitraum war maximal 12 Monate. Die Qualität der Studien war moderat.

Bei Frauen mit Stressinkontinenz berichteten 56% nach dem Beckenbodentraining von Heilung, während in der Kontrollgruppe 6% geheilt waren. Betrachtet man alle drei Formen der Urininkontinenz gemeinsam, so kam es bei 35% der Frauen nach Beckenbodentraining und bei 6% der Frauen ohne aktive Behandlung zu einer Heilung.

Heilung bzw. Linderung der Symptome konnte bei Frauen mit Stressinkontinenz in der Trainingsgruppe bei 74% in der Kontrollgruppe bei 11% beobachtet werden. Bei gemeinsamer Betrachtung aller drei Urininkontinenz-Formen berichteten Frauen in der Beckenbodentrainingsgruppe in etwas doppelt so häufig von Heilung bzw. Symptomlinderung (67% vs. 29%).

Zudem zeigte sich, dass Frauen in der Beckenbodentrainings-Gruppe im Zeitraum von 24 Stunden ungefähr eine Urininkontinenzepisode weniger hatten, und auch die Menge an unkontrolliert verlorenem Harn geringer war, als in der Kontrollgruppe. Frauen in der Trainings-Gruppe zeigten auch bessere Ergebnisse in Bezug auf die Lebensqualität und sie waren mit der Behandlung zufriedener. Leichte Nebenwirkungen wie Schmerzen oder ein unangenehmes Gefühl während des Beckenbodentrainings oder Verschlechterung der Urininkontinenz nach dem Training wurden bei sieben Frauen in zwei Studien berichtet.

Fazit: Beckenbodentraining hilft

Urininkontinenz ist weit verbreitet und kann mit Beckenbodentraining bekämpft werden. Beckenbodentraining führte sowohl bei Stressinkontinenz als auch bei Drang- und Mischinkontinenz häufiger zu Heilung und Symptomlinderung sowie zu verbesserter Lebensqualität und Zufriedenheit.

Hier geht’s zum Cochrane Review: https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD005654.pub4/full

Hilfe für Betroffene:

In Österreich können Betroffene auf der Seite der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich Beratungsstellen & Beckenbodenzentren finden und weiterführende Informationen erhalten. (http://www.inkontinenz.at/beratungsstellen_u_zentren.htm).

In Deutschland stellt die Deutsche Kontinenz Gesellschaft ebenfalls eine Liste von Beratungsstellen in Deutschland sowie Informationen bereit (http://www.kontinenz-gesellschaft.de/Startseite.2.0.html).

In der Schweiz informiert und berät die Schweizerische Gesellschaft für Blasenschwäche Betroffene, Angehörige und weitere interessierte Personen (https://www.inkontinex.ch/ueber-uns).

Text: Barbara Nußbaumer-Streit

Kurzinfo:

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