Hüftfrakturen – wenn der Oberschenkelhals nachgibt

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Gerade ältere Menschen brechen sich bei Stürzen oft den Oberschenkelknochen nahe dem Hüftgelenk. Meist ist nach solchen Hüftfrakturen, zu denen auch der klassische Oberschenkelhalsbruch zählt, eine Operation notwendig. Eine Serie von fünf Cochrane Reviews untersucht nun die Evidenz für verschiedene OP-Verfahren für unterschiedliche Hüftfrakturen. Hier erläutern drei der Autoren, die orthopädischen Chirurgen Xavier Griffin, William Eardley und Martyn Parker, die Hintergründe der Review-Serie.

Wie kamen diese Reviews zustande?

Unsere Arbeit wurde vom britischen National Institute of Health Research Systematic Reviews Programme finanziert. Es handelte sich dabei um einen gemeinsamen Antrag der Universität Oxford und der Cochrane Bone, Joint and Muscle Trauma Group. Es gibt eine sehr vielfältige, unübersichtliche und komplexe Literatur von unterschiedlicher Qualität zum Thema Hüftfrakturen, die schwer zu interpretieren ist. Unser Ziel war, diese Situation zu verbessern und nützliche, umsetzbare Aussagen über die Evidenz für Patienten, Kliniker und Forscher bereitzustellen.

In diesem Bereich gibt es im Vergleich zu anderen Gebieten der Orthopädie sehr viele Studien. Die in der Cochrane Library vorhandenen Reviews waren veraltet und wiesen verschiedene Einschränkungen auf. Wir wussten, dass das National Institute for Health and Care Excellence des britischen Gesundheitsdienstes NHS (NICE) seine Leitlinien für die Behandlung von Hüftfrakturen bei Erwachsenen im Jahr 2022 überarbeiten würde. Diese Arbeit fand also genau zum richtigen Zeitpunkt statt. Wir standen während des gesamten Prozesses mit dem NICE in Kontakt und tauschten uns mit ihnen über die Fragen aus, auf die Patient*innen und Kliniker*innen am dringendsten Antworten brauchen.

hueftfrakturen
Verschieden Typen von Hüftfrakturen
Wurden Betroffene mit einbezogen?

Wir haben gemeinsam mit Patient*innen und Expert*innen auf diesem Gebiet ein sogenanntes Scoping durchgeführt. Dabei ging es darum, erst einmal die vorrangigen Themen für die Reviews zu ermitteln. Wir teilten die Ergebnisse mit dem NICE, um die Aktualisierung der Leitlinien mitzugestalten. Eine solche Einbeziehung der Patienten und ihrer Ansichten gab es nicht, als wir drei in unserem Beruf anfingen. Heute ist der Einfluss der Patienten viel größer. Und das ist eine gute Sache – sowohl für die Behandelnden, als auch die Behandelten. Wir haben diese Reviews im Hinblick auf Leitlinien, klinische Praxis und Forschung geplant, nicht als statische Informationsquellen. Sie sollen direkt in das Wissen und dann in die klinische Praxis einfließen.

Wem bringen diese Reviews am meisten?

Chirurgen dürften sie am nützlichsten finden, da sie Goldstandard-Antworten auf Fragen liefern, vor denen sie Tag für Tag stehen. Die Studien sind auch wichtig als Richtungsweiser für zukünftige Forschung. Wir hoffen, dass diese Übersichtsarbeiten zu einer echten Verbesserung der Patientenversorgung führen werden. Denn sie bieten Ärzten und Ärztinnen eine Evidenzgrundlage für ihre Empfehlungen. Auch dem NICE werden diese Studien zur Verfügung stehen, wenn es seine Leitlinien aktualisiert.

Im Vereinigten Königreich gibt es die sogenannte National Hip Fracture Database für Behandlungen in diesem Bereich. Sie registriert unter anderem, wie viele Hüftprothesen im Land eingesetzt werden. Anhand dieser Reviews kann die gegenwärtige Praxis mit der besten Evidenz abgeglichen werden. Und das ist gut für die Patienten, für die Geldgeber und für die Planung der Dienstleistungen in den Krankenhäusern.

Wer war an dem Projekt beteiligt?

Unsere Erfolge bei der Vergabe von Forschungsgeldern und mit den bisher abgeschossenen Reviews beruht auf starken Netzwerken. Wir haben da eine sehr aktive und gute Forschungscommunity, etwa in Form der Orthopaedic Trauma Society und des Fragility Fracture Network. Diese Zusammenarbeit möchten wir auch in Zukunft fördern.

Diese Reviews wurden zeitlich mit laufenden Studien und der Aktualisierung der NICE-Leitlinien abgestimmt. Sie sind daher ein wichtiger Beitrag, der die Praxis beeinflusst. Dabei geht es nicht nur um die beste Behandlung, sondern auch um die Art und Weise, wie ein Thema am besten erforscht werden kann – dies ist ein Kulturwandel. Diese Übersichtsarbeiten sollten für die nächsten zehn Jahre Bestand haben, da sie mit methodischer Strenge durchgeführt wurden und die neuesten Studiendaten enthalten.

Wie haben Sie aktuelle wegweisende Studien einbezogen?

Wir wollten keine Cochrane Reviews veröffentlichen, die gleich wieder veraltet sind. Wir waren in der Lage, eine sehr große aktuelle Studie (WHITE5) in zwei dieser Übersichten einzubeziehen, weil wir über die Arbeit der Kollegen Bescheid wussten und miteinander in Kontakt standen. Dadurch konnten wir schon vor der Veröffentlichung auf Studiendaten zugreifen. Wir arbeiten nicht isoliert, und das erweist sich als großer Vorteil.

Welchen Wert haben diese Reviews für Geldgeber, etwa für Versicherungen?

Diese Arbeit wird ihnen helfen, ihre Mittel so einzusetzen, dass sie den größtmöglichen Nutzen aus den Ausgaben ziehen.


Zu den einzelnen Reviews der Serie:

  • Arthroplasties for hip fracture in adults – In dieser Übersichtsarbeit werden die Belege für verschiedene Arten von Endoprothesen bewertet: Hemiarthroplastiken (HA), die einen Teil des Hüftgelenks ersetzen, und Hüfttotalendoprothesen (THA), die das gesamte Gelenk ersetzen.

Zum Thema Hüftfrakturen auf Wissen Was Wirkt: „Periphere Nervenblockaden: Eine alternative Schmerztherapie bei Hüftfrakturen


Übersetzung/Text: Georg Rüschemeyer, Cochrane Deutschland

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