Es kann ganz plötzlich auftreten, etwa beim Herunterheben schweren Gepäcks, beim Fensterputzen oder beim Aufschlag im Tennis: Stechende Schmerzen in der Schulter, deren erste leichte Anzeichen zuvor tapfer ignoriert wurden. Verantwortlich für stechenden Schulterschmerz ist oft das sogenannte Rotatorenmanschettensyndrom, das häufig mit Elektrotherapie behandelt wird. Ob diese Methode tatsächlich hält, was sie verspricht, wurde in einem Cochrane-Review unter die Lupe genommen.
Die häufigste Ursache für Schmerzen in der Schulter sind Veränderungen der Rotatorenmanschette, dem Muskelmantel und Sehnen rund um das Schultergelenk. Die Erkrankung bleibt am Anfang meist unerkannt, erst Entzündungsprozesse verursachen heftige Schmerzen, meist bei Überkopf-Bewegungen. Die Beschwerden treten typischerweise nachts auf und können bis in Oberarme und Hände ausstrahlen.
Verschiedene Methoden
Eine mögliche Behandlung dieser Beschwerden bietet die Elektrotherapie. Dabei wird dem Körper Energie zugeführt, beispielsweise mithilfe von Ultraschall, Laser, elektrischer Nervenstimulation oder pulsierender elektromagnetischer Felder, um Schmerzen zu verringern und die Beweglichkeit der Schulter wieder zu erhöhen. In der Praxis wird Elektrotherapie meistens gemeinsam mit physiotherapeutischen Maßnahmen eingesetzt. Ein Forscherteam aus Australien ist der Frage nachgegangen, welchen Nutzen oder welche nachteilige Wirkungen die Elektrotherapie bei einem Rotatorenmanschettensnydrom mit sich bringt. In den Review wurden über 2.300 Menschen in 47 Studien einbezogen, 65 Prozent davon waren Frauen, das Durchschnittsalter betrug 53 Jahre.
Was bringt Elektrotherapie?
Eine Studie verglich bei Patienten mit Kalkschulter (Kalziumablagerungen in den Schultersehnen) pulsierenden therapeutischen Ultraschall mit einer Scheinbehandlung mit inaktivem Ultraschall. Bei Patienten in der „Ultraschallgruppe“ hatten sich die Schmerzen nach sechs Wochen Behandlungsdauer deutlich gebessert, auch die Funktion der Schulter hatte sich verbessert. Insgesamt haben 91 von 100 Teilnehmern die Ultraschallbehandlung als erfolgreich bewertet, in der „Scheinbehandlungsgruppe“ waren es 52 von 100. Es gibt also Hinweise, dass Ultraschall bei Patienten mit „Kalkschulter“ kurzfristig Schmerzen verringert, die Funktion der Schulter erhöht und die Lebensqualität verbessert. Kein Patient berichtete von Nebenwirkungen.
Kaum Gewissheit
Die niedrigenergetische Lasertherapie (NLT) kann möglicherweise für drei Wochen zu einer Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung führen, verglichen mit einer Scheinbehandlung. Führt man aber Ultraschall oder NLT zusätzlich zu Physiotherapie durch, bringt das dem Patienten eher keinen zusätzlichen Nutzen.
Viele Fragen
Die Anwendung pulsierender magnetischer Felder (PMEF) zeigte keinen Nutzen im Hinblick auf Schmerzreduktion und Verbesserung der Schulterfunktion. Ob die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) dahingehend wirkt, bleibt offen. Fraglich ist auch, ob Ultraschall oder NLT anderen Maßnahmen, wie etwa Manueller Therapie, Kortisonbehandlung oder entzündungshemmenden Medikamenten überlegen ist. Dazu bedarf es weiterer, qualitativ hochwertiger Forschung.
Hier geht’s zur deutschen Kurzzusammenfassung: http://www.cochrane.org/de/CD012225/elektrotherapeutische-massnahmen-zur-behandlung-des-rotatorenmanschettensyndroms-der-schulter
Hier geht’s zum Original Review: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD012225/epdf/standard