Von Gras abfliegender Pollen, Heuschnupfen

Helfen Nasenduschen bei Heuschnupfen?

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Einfache Kochsalzlösungen in Form einer Nasendusche oder als Spray können Heuschnupfen-Beschwerden spürbar lindern. Das zeigt ein Cochrane Review zum Thema. Das genaue Ausmaß des Effekts bleibt aufgrund von Einschränkungen der zugrundeliegenden Evidenz zwar unklar. Aber Kosten und mögliche Nebenwirkungen sind überschaubar, also können Pollenallergiker es getrost auf einen Versuch ankommen lassen.

Es ist Juni und nach einem relativ feucht-kühlen Start in den Frühsommer verbreiten vor allem Gräser gerade massenhaft ihren Pollen in der Luft. Schlechte Zeiten für Millionen von Pollen-Allergikern. Die Nase läuft, ständig muss man nießen, Augen und Rachen jucken. Auslöser des leidigen Heuschnupfens (fachsprachlich eine allergische Rhinokonjunktivitis) ist eine Überempfindlichkeitsreaktion auf die Pollen verschiedener Bäume, Sträucher und Gräser.

Gegen Heuschnupfen gibt es gut wirksame Medikamente in Form von Tabletten, Nasensprays und Augentropfen; die meisten davon sind rezeptfrei zu haben. Hilfreich ist auch, die individuellen Allergene soweit möglich zu meiden, etwa indem man zu Pollenflug-Stoßzeiten Urlaub am Meer oder im Hochgebirge macht, erst nach einem Regenguss zu Spaziergängen oder Sport im Freien aufbricht oder Wäsche dann nicht im Freien trocknet.

Eine weitere Maßnahme, die Linderung verspricht, sind Nasenspülungen mit Salzwasser, meist mit Hilfe einer Nasendusche. Die Idee dahinter: Das Wasser befeuchtet die Nasenschleimhaut und spült die allergenen Pollen, aber auch Entzündungsbotenstoffe und Nasensekret heraus. Dies soll auch den Selbstreinigungsmechanismus der Nasenschleimhaut anregen, der durch ein Zuviel von Sekret blockiert werden kann.

Viele Möglichkeiten zu spülen

Es gibt viele Methoden, die Nase von innen zu duschen. Neben der klassischen Nasendusche mit größeren Flüssigkeitsmengen gibt es alle möglichen Sprays, Tropfen, Spritzen und Pump- oder Quetschflaschen, um die Nase mit Salzlösung zu behandeln.

In Frage kommen dabei einerseits isotone Salzlösungen, deren Salzgehalt dem der menschlichen Zellen entspricht. Hypertone Lösungen haben dagegen einen höheren Salzgehalt, welcher der Nasenschleimhaut kurzfristig Wasser entzieht (der Vorgang nennt sich Osmose) und sie dadurch zumindest in der Theorie etwas abschwellen lässt. Allerdings kann dies auch mit einem unangenehmen Brennen verbunden sein.

Soweit, so plausibel. Aber ist der Effekt einer Nasendusche im Fall von Heuschnupfen auch wirklich nachgewiesen? Und wie groß ist er? Diese Frage beschäftigte das britische Autorenteam eines 2018 veröffentlichten Cochrane Reviews.

Evidenzbasiertes Nasenduschen

Die systematische Suche nach relevanten Forschungsergebnissen erbrachte 14 Studien, an denen insgesamt aber nur 747 Personen teilgenommen hatten, die Mehrzahl davon Kinder. Die Studien waren recht unterschiedlich konzipiert, was die zusammenfassende Auswertung erschwert. So wurden zum Spülen ganz verschiedene Flüssigkeitsmengen eingesetzt, von weniger als fünf Milliliter in Sprays bis zu mehr als 60 ml in Nasenduschen. Zudem wurden mal isotone, mal hypertone Lösungen untersucht. Gespült wurde ein- bis dreimal täglich.

Die Beschwerden wurden anhand von Symptom-Skalen erfasst, die beispielsweise die Schwere von Niesen, Verstopfung, Juckreiz und Naselaufen abfragen. Allerdings verwendeten die Studien unterschiedliche Symptom-Skalen, was die gemeinsame Auswertung der Daten im Review weiter erschwerte.

Wie groß ist der Effekt?

Auf einer Skala von 0 bis 10 bewerteten die Teilnehmenden ihre Beschwerden nach Nasenspülungen um 2 bis 3 Punkte besser – also ein durchaus spürbarer Effekt. Diese Aussage beruht auf der gemeinsamen Auswertung von sieben kleinen Studien mit insgesamt 112 Erwachsenen und 332 Kindern, davon vier mit hypertoner Salzlösung. Obwohl mehr Daten für Kinder vorlagen, profitierten auch Erwachsene.

Viele Betroffene behandeln ihre Heuschnupfen-Beschwerden mit einem Cortison-Nasenspray (zum Beispiel Beclometason, Fluticason, Mometason) oder Heuschnupfen-Tabletten mit Antihistaminika (z.B. Cetirizin, Loratadin). Die Kombination von Nasenspülungen mit solchen Medikamenten ist weniger gut untersucht, so die Erkenntnis des Cochrane-Teams. Die vorliegenden Ergebnisse lassen jedoch vermuten, dass Nasenspülungen auch in Kombination mit Medikamenten eine zusätzliche Linderung der Beschwerden erreichen. Dabei ist wichtig zu wissen: Zuerst spülen, dann sprühen. Denn auf der gereinigten Schleimhaut kann der Wirkstoff des Medikamentes besser wirken und gelangt tiefer in die Nase.

Wie salzig soll es sein?

Ob eine hypertone Salzlösung bei Heuschnupfen besser ist als eine isotone, bleibt unklar. Das liegt unter anderem an der zu kleinen Datenbasis aus schwer zu vergleichenden Studien, welche völlig unterschiedliche Flüssigkeitsmengen und Anwendungsformen untersuchten. Es ergaben sich aber Hinweise, dass hypertone Lösungen möglicherweise etwas besser wirken.

Jedenfalls scheinen Nasenduschen bei Heuschnupfen gut verträglich zu sein: Unerwünschte Wirkungen traten selten auf und blieben zumeist auf ein leichtes und vorübergehendes Brennen oder Stechen in der Nase beschränkt, auch leichtes Nasenbluten kam vor. Allerdings wurden solche Nebenwirkungen nicht in allen Studien angemessen erfasst. Und die Studien liefen über recht kurze Zeiträume beispielsweise vier Wochen. Es ist also nicht auszuschließen, dass hypertone Lösungen die Nasenschleimhaut auf Dauer austrocknen.

Blindstudien wären besser – nur: Wie duscht man nur zum Schein?

Die Aussagekraft der im Review zusammengefassten Studien hat einige bedenkenswerte Einschränkungen: So waren die Teilnehmenden nicht „verblindet“, sie wussten also Bescheid über die Art ihrer Behandlung. Solch eine Verblindung, bei der weder Teilnehmende noch Ausführende einer Studie wissen, wer zum Beispiel eine Tablette mit Wirkstoff und wer nur eine Placebo-Tablette (Scheinbehandlung) schluckt, ist ein ganz wesentlicher Bestandteil eines guten Studiendesigns. Denn bei ihr gibt es keine Erwartungshaltung der Beteiligten an eine bestimmte Behandlung, die das Ergebnis letztlich verzerren kann.

In der Praxis aber kann man nicht immer verblinden – eine „Schein-Nasendusche“ zum Beispiel ist kaum durchführbar. So ist es also möglich, dass die Patienten in den Studien ihre Beschwerden positiver bewerteten, einfach nur, weil sie sich von der Nasendusche Linderung erhofften. Dagegen hätte man die Wirksamkeit von hypertonen im Vergleich zu isotonen Salzlösungen durchaus verblindet untersuchen können. Tatsächlich besteht hier für den direkten Vergleich (isoton versus hyperton) noch Forschungsbedarf.

Studien schwer vergleichbar

Die Studien hatten leider noch ein weiteres Problem, weshalb wir uns über das Ausmaß der Wirksamkeit nicht sicher sein können: Durch die geringe Zahl der Teilnehmenden in den einzelnen Studien ist der wahre Wirkeffekt aus statistischen Gründen nur schwer einzugrenzen. Oft lässt sich dieses Problem in einem systematischen Review durch eine sogenannte Metaanalyse lösen, in der sämtliche Studiendaten gemeinsam statistisch analysiert werden. Dies war aber aufgrund der großen Unterschiede zwischen den Studien (s.o.) nur bedingt möglich.

Aus diesen Gründen schätzen die Autor*innen des Reviews die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach dem von Cochrane verwendeten GRADE-Bewertungssystem nur als niedrig ein. Auf gut Deutsch: Der tatsächliche Effekt der Nasenspülung könnte also deutlich von den Ergebnissen abweichen und weitere Studien das Ergebnis noch merklich verändern.

Linderung für die Nase

Es lässt sich also festhalten: Die Spülung der Nase mit Salzlösung kann als unterstützende Maßnahme Heuschnupfen-Symptome lindern. Der Effekt sollte aus wissenschaftlicher Sicht aber noch besser belegt werden. Die Nasendusche ist gut verträglich, insofern spricht wenig gegen einen Selbstversuch. Allerdings kann sie bei stärkerem Heuschnupfen Medikamente wohl nicht ersetzen, zumal sie andere Allergie-Beschwerden wie juckende Augen nicht verbessert.

Zum Review „Nasenspülung mit Kochsalzlösung bei allergischem Schnupfen“


Text: Dr. Birgit Schindler

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