„Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Räum endlich dein Zimmer auf!“ – Bei derartigen Fragen und Anordnungen, kann es schon mal sein, dass Youngsters sie gerne überhören. Doch manche Kinder hören tatsächlich schlecht, das kann an einem unbehandelten bzw. chronischen Paukenerguss liegen, eine der häufigsten Erkrankungen im frühen Kindesalter.
Manche Kinder wissen ganz gut, wann sie sich am besten taub stellen. Das können Eltern meist sehr gut einschätzen. Liegt jedoch ein Verdacht vor, dass das Kind tatsächlich schlecht hört, sollte ein Facharzt hinzugezogen werden. Bis zu 90 % aller Kinder unter 8 Jahren hatten bereits einmal einen Paukenerguss, eine Ansammlung von Flüssigkeit hinter dem Trommelfell, meist als Folge einer Mittelohrentzündung. Da die Eustachische Röhre – also die Verbindung zwischen Nasenrachenraum und dem Mittelohr noch kürzer ist als bei Erwachsenen, haben Bakterien leichtes Spiel, ins Mittelohr zu wandern.
Barriere im Ohr
Bei einem Paukenerguss sammelt sich Flüssigkeit im Mittelohr, genau hinter dem Trommelfell. Durch diese mechanische Barrikade, das im fortgeschrittene bzw. chronischen Stadium zu zähem Sekret wird, kann das Trommelfell nicht mehr „normal“ schwingen, die Signalübertragung wird erschwert, das Kind hört schlechter als üblich. Ein akuter Paukenerguss vergeht üblicherweise nach ein bis zwei Wochen von selbst, kommt es aber immer wieder zu Ohrenentzündungen, kann sich ein chronischer Paukenerguss entwickeln – das Kind hört generell schlecht, das kann sich auf die Entwicklung und auf die Schulleistungen auswirken. Bei einem von drei Kindern, so die Datenlage, befinden sich Bakterien in der Flüssigkeit im Mittelohr. Viele Ärzte raten daher im Falle eines Paukenergusses zu Antibiotikagaben. Ein Cochrane-Review hat Ergebnisse aus 25 Studien mit mehr als 3.600 Kindern unterschiedlichen Alters analysiert und verglichen, ob Antibiotika besser wirken als Placebo (ein Scheinmedikament), keine Behandlung oder andere Behandlungen.
Was können Antibiotika?
Als wichtigste Endpunkte sah das Review-Team den Anteil der Kinder, die nach 2 bis 3 Monaten keinen Paukenerguss mehr hatten, sowie welche Nebenwirkungen der Antibiotika auftraten. Das Ergebnis von 6 Studien von moderater Qualität: Bei Kindern, denen Antibiotika verabreicht wurden, war der Paukenerguss nach 2 bis 3 Monaten abgeklungen. 7 Studien mit einer Evidenz von niedriger Qualität zeigten, dass es im Zuge der Antibiotikaeinnahme zu Durchfall, Erbrechen und Hautauschlägen kam. Eine Evidenz von moderater Qualität zeigt, dass bei Kindern mit Paukenerguss die Erkrankung zu verschiedenen Zeitpunkten abheilt, wenn sie Antibiotika einnehmen. Auch die Wahrscheinlichkeit, neuerlich eine akute Mittelohrentzündung zu bekommen, war bei der Antibiotika-Gruppe geringer. Über Zusammenhänge zwischen Antibiotika und Hörvermögen fand das Review-Team lediglich 2 widersprüchliche Studien.
Fest steht: ein Paukenerguss kann schwerwiegende Folgen haben, wie die Verminderung des Hörvermögens. Daher sollte im Verdachtsfall auf jeden Fall ein Facharzt hinzugezogen werden. Von einer Antibiotikatherapie, so die Review-Ergebnisse, dürften betroffene Kinder tatsächlich profitieren.
Hier geht’s zum Cochrane-Review