WHO Leitlinien dienen weltweit als Entscheidungshilfen in der gesundheitlichen Versorgung und tragen damit zu guten gesundheitspolitischen Entscheidungen und optimaler Therapie und mehr Sicherheit im klinischen Alltag bei. In viele dieser Leitlinien fließt Evidenz aus systematischen Reviews von Cochrane ein.
Das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist „Gesundheit für alle“. Dies hat die WHO in ihrer gleichnamigen Strategie festgehalten und in kleinere, konkrete Schritte eingeteilt. Dazu gehören beispielsweise die Reduktion von verschiedenen Krankheiten, eine gesunde Umwelt oder adäquate Gesundheitsversorgung.
Die Entscheidungen, wie diese Ziele tatsächlich erreicht werden sollen, müssen durch wissenschaftliche Evidenz aus Studien gestützt werden, die darüber informiert, welche Maßnahmen erfolgsversprechend sind, und welche eher nicht.
Wissensexplosion
Jeden Tag erscheinen aber Unmengen an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. In „PubMed“ – einer der wichtigsten Literaturdatenbanken der Medizin – werden jedes Jahr allein über 20.000 randomisierte, kontrollierte Studien gelistet und es werden jährlich mehr. All jene, die Antworten auf Fragen suchen, haben es deshalb schwer: Wie den Überblick behalten? Welchen Informationen trauen?
Systematische Reviews, wie sie von Cochrane Autoren erstellt werden, können Struktur in die Informationsflut bringen. Reviews fassen alle Studien zu einer gemeinsamen klinischen oder gesundheitsrelevanten Fragestellung zusammen, kombinieren die Ergebnisse aus Einzelstudien zu einem Gesamtergebnis (sog. Metaanalyse) und beurteilen, wie verlässlich dieses Gesamtergebnis ist.
Auf Basis solcher systematischen Reviews ist es viel leichter einen Überblick über die verfügbare Evidenz zu erhalten und die Wirksamkeit und Risiken von Maßnahmen einzuschätzen. Reviews sortieren praktisch die Evidenz. So bilden sie die Grundlage für Leitlinien, die konkrete Handlungsempfehlungen aussprechen.
Die Arbeit von Cochrane findet international Beachtung: einen Großteil der WHO Leitlinien bezieht sich auf Evidenz aus Cochrane Reviews. Somit beeinflussen Cochrane Reviews weltweit Gesundheitspolitik und Behandlungspraxis.
90% der WHO Leitlinien enthalten Cochrane Evidenz
Der Anteil der WHO Leitlinien, die Cochrane Reviews bei der Entwicklung verwendet hat, erreicht einen neuen Rekord. War bis 2015 bereits in 75% der WHO Leitlinien Cochrane Evidenz enthalten, ist der Anteil seit diesem Jahr sogar bei 90%. Bis zum 26. September 2016 wurden 474 Cochrane Reviews für 160 WHO Leitlinien (und für andere evidenzbasierte Empfehlungen) verwendet, die zwischen den Jahren 2008 und 2016 veröffentlicht wurden. 14 dieser 160 WHO Leitlinien haben sogar mehr als 10 Cochrane Reviews bei ihrer Erstellung verwendet.
Leitlinien: Entscheidungshilfen für eine bessere Versorgung und mehr Sicherheit
Systematisch entwickelte Leitlinien sind eine große Hilfe für Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind. Sie helfen, die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern, da sie bei speziellen Fragestellungen und/oder Krankheiten praxisorientierte und aktuelle Informationen zur Behandlung und Entscheidungsfindung liefern. Sie unterstützen rationale Entscheidungen unter Einbezug von Patientenpräferenzen und vorhandenen Ressourcen. Obwohl Leitlinien nicht verbindlich sind, sind sie ein vielgenutztes Tool.
Evidenzbasierte Leitlinien fördern auch die Transparenz der medizinischen Entscheidung, indem sie nach einem definierten Vorgehen entwickelt werden. In die Entwicklung einer Leitlinie sind idealerweise Experten aus verschiedenen Fachbereichen und Regionen, sowie Patienten mit eingebunden. Nicht selten werden Leitlinien auch für einen bestimmten geographischen Kontext oder für eine bestimmte Personengruppe, beispielsweise ältere Personen oder Kinder.
Text: K. Sauer