Wenn zu Ostern der Schokoladenkonsum schon explodiert, warum dann nicht mehr über das dunkle Genussmittel erfahren? Tun wir unserer Gesundheit mit Schokoladenkonsum vielleicht sogar etwas Gutes? Die Behauptung, dass dunkle Schokolade in kleinen Dosen gesundheitsfördernd sein kann, ist mittlerweile weit verbreitet. Doch worauf ist diese Aussage eigentlich zurückzuführen? Und was sagt die Evidenz?
In Deutschland werden laut Spiegel Online weit mehr Osterhasen als Weihnachtsmänner produziert und verkauft. Doch Schokolade ist nicht gleich Schokolade. Vor allem dunkle Schokolade scheint in letzter Zeit einen wahren Aufwind erfahren zu haben: „Es soll gesund sein“… doch worauf beruht diese Aussage?
Schokolade, Bluthochdruck und die Kuna-Indianer
In erster Linie liegt es daran, dass dunkle Schokolade und Kakao-Produkte reich an Flavanol sind, einem chemischen Stoff, der den Blutspiegel von Stickstoffmonoxid erhöhen und so Blutgefäße erweitern kann. Flavanol hat in letzter Zeit sehr viel Interesse als mögliche Alternativtherapie bei Bluthochdruck (Hypertonie) geweckt. Bluthochdruck ist bekanntlich einer der größten Risikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen. Schon eine geringe Senkung des Blutdrucks kann dieses Risiko deutlich verringern. Eine Senkung von 20 mmHg des systolischen Drucks und 10 mmHG des diastolischen Drucks kann das Risiko zum Beispiel halbieren (mehr zum Thema Blutdruck hier).
Wie das Interesse, den Zusammenhang zwischen Kakaokonsum und Blutdruck tiefer zu erforschen, aufkam, ist durchaus bemerkenswert und verdient einen kurzen Exkurs. Es ist auf die Entdeckung von erstaunlich guten Blutdruckwerten – und das lebenslänglich – einer Gruppe von Ureinwohnern*, die Kuna-Indianer, die auf der San Blas Insel vor Panama, leben, zurückzuführen. Gegenüber dieser Gruppe von Indianern, die noch auf ihrem Ursprungsgebiet leben, haben nämlich diejenigen, die ihr Ursprungsgebiet verlassen haben und zum Festland gezogen sind, wesentlich höhere Blutdruckwerte und leiden auch öfter unter altersbedingtem Bluthochdruck. Die Werte der letzteren Gruppe seien in der Tat vergleichbar mit denen in unserer westlichen Bevölkerung. Ein bedeutsamer Unterschied in den Lebensgewohnheiten, der zwischen den beiden Kuna-Gruppen festgestellt wurde, war die Menge an Kakao-Konsum. Während die Insel-Bewohner 3-4 Tassen Kakao am Tag trinken, konsumieren die Festlandbewohner nur ein Zehntel davon. Andere Faktoren wie Salz-Konsum waren offensichtlich nicht für den Unterschied verantwortlich (alle hier genannten Fakten werden in diesem Cochrane Review erläutert).
Ein SchoCo-chrane Review rund um Ostern
Ein Cochrane Review, der knapp vor einem Jahr veröffentlicht wurde, fasste die Ergebnisse von 35 Studien zur Wirkung von Kakao auf den Blutdruck zusammen. Genauer gesagt wurde die Wirkung auf insgesamt 1804 hauptsächlich gesunde Erwachsene bei einem täglichen Konsum von in 1,4 bis 105 g Kakao-Produkten mit durchschnittlich 670 mg Flavanol für mindestens zwei Wochen bewertet (zur Referenz: die üblichen Tafeln, wie wir sie kennen, enthalten 100 Gramm Schokolade).
Das Fazit? Schokolade kann möglicherweise den Blutdruck leicht senken.
Das Gesamtergebnis des Reviews ergab eine sehr kleine, aber statistisch signifikante Senkung des Blutdrucks (systolisch und diastolisch, um 1,8 mmHg).
Hinzuzufügen ist, dass sieben der 35 Studien von Unternehmen, die ein kommerzielles Interesse an den Ergebnissen hatten, finanziert wurden. In diesen fiel die berichtete Wirkung etwas höher aus, was auf einen möglichen Bias hindeutet.
Die eingeschlossenen Studien waren kurz, meist von einer Dauer zwischen zwei und zwölf Wochen.
Nur wenige Teilnehmer der eingeschlossenen Studien erfuhren Nebenwirkungen. 1 % in der aktiven Interventionsgruppe beklagte sich über Nebenwirkungen wie Verdauungsbeschwerden und Abneigung gegen das Kakao Produkt im Vergleich zu 0,4 % aus der Kontrollgruppe, in der Teilnehmer kein Flavanolprodukt oder ein Produkt mit einer nur ganz geringen Menge an Flavanolen, erhielten.
Detailliertere Informationen zu den Hauptergebnissen des Cochrane Reviews finden Sie in der laienverständlichen Zusammenfassung des Reviews auf Cochrane Kompakt.
Weitere Studien vonnöten…
Die Autoren des Cochrane Reviews legten nahe, dass, um genauer bestätigen zu können, ob der regelmäßige Verzehr von flavanolreichen Kakao-Produkten vorteilhafte Wirkungen auf den Blutdruck und somit auch auf die Herzkreislauf-Gesundheit hat oder nicht, Langzeit-Studien erforderlich sind.
…und was heißt das für den Osterhasen?
Die meisten Oster-Schokoladenhasen bestehen meiner Vermutung nach aus Milchschokolade. Und wie oben schon angedeutet, ist Schokolade nicht gleich Schokolade. Dunkle Schokolade enthält einen weitaus höheren Kakao-Anteil (50 % – 85 %) als Milchschokolade (20% – 30%), die generell auch mehr Zucker enthält. Außerdem beeinflussen die unterschiedlichen Produktionsweisen den Flavanolwert im Kakao und in der Schokolade. Somit hat eine Tafel Schokolade, die 70 % Kakao enthält und von einer bestimmten Firma produziert wurde, nicht unbedingt die gleichen Flavanolwerte oder die gleiche Flavanolzusammensetzung wie die einer anderen Firma. Somit bleibt einzig und allein zu sagen, dass womöglich die alte Faustregel, alles im rechten Maß zu halten, wohl auch beim Osterhasenverzehr erstmals die Beste ist.
Text: Andrea Puhl
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht