Teilweise bin ich etwas überfordert, wenn ich die Regale verschiedener Supermärkte passiere. Die Reihen an Döschen mit geheimnisvollem, aber scheinbar sehr gesundem Inhalt werden immer länger und exklusiver. Sogenannte Superfoods wie Acerola-Pulver, Chia-Samen oder Aronia-Beeren-Extrakt werben, reich an Antioxidantien zu sein. Viele Menschen kaufen diese Produkte, um ihrer Gesundheit (vermeintlich) etwas Gutes zu tun oder um einem Muskelkater nach dem Training vorzubeugen. Doch was steckt dahinter?
Zu Antioxidantien werden die Vitamine C, E und Beta-Carotin (Vitamin A) gezählt, aber auch sekundäre Pflanzenstoffe, Mineralien oder Spurenelemente wie Zink oder Selen haben eine antioxidative Wirkung. Egal ob Vitamin, Spurenelement oder Mineral, alle haben sie gemeinsam, dass sie die Zellen des Körpers vor ‚freien Radikalen‘ schützen, indem sie diese frühzeitig an sich binden. ‚Freie Radikale‘ sind instabile Moleküle (Sauerstoffverbindungen), die mit Bestandteilen (Elektronen) unserer Zellen reagieren und diese dadurch schädigen können. Eigentlich entstehen ‚freie Radikale‘ auf natürliche Weise durch biochemische Prozesse im Körper. Aufgrund einer ungesunden Lebensweise (Nikotin, Alkohol, verarbeitete Lebensmittelprodukte) und der Umweltverschmutzung (Autoabgase, Pestizide, Ozonlöcher) wirken ‚freie Radikale‘ vervielfacht von innen wie außen auf die Zellen unseres Körpers und verursachen sogenannten ‚oxidativen Stress‘. Frühzeitige Hautalterung, Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen könnten die Folgen sein, wenn nicht ausreichend Antioxidantien vorhanden sind, um diese ‚freien Radikale‘ abzufangen.
Antioxidantien gegen Muskelkater?
Sportliche Aktivität und körpereigene Reaktionen auf Muskelkater (mitunter kleine gerissene Muskelfasern, Entzündungen) führen zu einer verstärken Bildung von ‚freien Radikalen‘. Aufgrund dieses Zusammenhangs wird vermutet, dass durch eine zusätzliche Einnahme von Antioxidantien Muskelkater gemildert oder sogar verhindert werden kann.
Was sagt die Evidenz?
Im Dezember 2017 publizierten Cochrane-Autoren/innen einen systematischen Review, der dieser Frage nachging. Sie untersuchten, ob Muskelkater nach dem Sport durch die Einnahme von Antioxidantien in der Intensität verringert werden kann oder schneller wieder abklingt. Es konnten 50 randomisierten kontrollierten Studien (mit insgesamt 1089 Teilnehmer/innen) eingeschlossen werden, die antioxidative Nahrungsergänzungen mit Placebo-Präparaten (also Scheinmedikamenten, die keine Antioxidantien enthielten) verglichen.
Die tägliche Dosis lag dabei deutlich über der empfohlenen Tagesdosis (z.B. Vitamin E: 12-15 mg/Tag).
Die Studienteilnehmer/innen wurden zu verschiedenen Zeitpunkten (nach 6, 24, 48, 72 und 96 Stunden) nach der Trainingseinheit untersucht. Bei jeder Untersuchung wurde die Intensität des Muskelkaters ermittelt und nach Nebenwirkungen gefragt. Es zeigte sich, dass die ergänzende Einnahme von Antioxidantien nur geringfügig gegen Muskelkater half. Die Studienteilnehmer/innen, die Antioxidantien einnahmen, erlebten im Vergleich zur Kontrollgruppe nach 6, 24, 48 und 72 Stunden nach dem Training einen etwas weniger intensiven Muskelkater. Als aufgetretene Nebenwirkungen wurden Verdauungsprobleme und Durchfall genannt. Eine Nahrungsergänzung durch Antioxidantien scheint Muskelkater nach dem Training nicht zu verringern. Die Qualität der eingeschlossenen Studien war moderat bis gering.
Kann eine Überdosierung schädlich sein?
Ein weiterer Cochrane Review, der 2012 veröffentlicht wurde, untersuchte die Frage, ob die Einnahme von antioxidativen Nahrungsergänzungsmitteln einen Einfluss auf die Lebenserwartung hat. Es wurde festgestellt, dass die regelmäßige und langfristige Einnahme von Vitamin A, E oder Betacarotin sogar zu einer geringfügig erhöhten Sterblichkeit führen kann. Bei den ebenfalls untersuchten Antioxidantien Vitamin C und dem Spurenelement Selen konnte das erhöhte Sterblichkeitsrisiko durch die Einnahme nicht nachgewiesen werden.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine ausgewogene Ernährung den Köper in ausreichendem Maß mit Antioxidanten versorgt. Aktuelle wissenschaftliche Studien sprechen nicht für den Einsatz von antioxidativ-wirkenden Nahrungsergänzungsmitteln.
Text: Maren Fendt
Maren Fendt, 22, studiert „Angewandte Gesundheitswissenschaften“ B.Sc. im 6. Semester an der Hochschule Furtwangen-University (HFU). Während des vergangenen halben Jahres absolvierte Maren ein Praktikum bei Cochrane Deutschland und ist nun weiterhin als studentische Hilfskraft beschäftigt. Besonders interessiert sie sich für die Themen Bewegung und Ernährung und wird zu diesem Thema Blog-Artikel für Wissen Was Wirkt erstellen.