Statistik, Cross-over-Studien

Einmaleins der Statistik: Was ist ein Forest Plot?

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In systematischen Übersichtsarbeiten wie den Reviews von Cochrane spielen sie als grafische Darstellung der Ergebnisse eine wichtige Rolle: Forest Plots. Was das ist und wie man damit umgeht, erklärt dieser Kurzbeitrag aus unserer Serie „Einmaleins der Statistik“.

Was ist ein Forest Plot? Die Übersetzungsmaschine im Internet bringt uns in dieser Frage nicht weiter. Denn gemeint ist weder eine „forstwirtschaftliche Parzelle“, noch ein „Waldgrundstück“. In der Statistik meint der Begriff vielmehr eine grafische Darstellung der Ergebnisse einer Metaanalyse, also einer statistischen Auswertungsmethode, die die Ergebnisse mehrerer Studien zum gleichen Thema zusammenführt. Über den Ursprung des Ausdrucks „Forest Plot“ streiten sich die Gelehrten. Ein Artikel im British Medical Journal kommt zu dem Schluss, die wahren Ursprünge des Begriffs seien „verdunkelt durch Geschichte und Mythen“. Wikipedia hingegen erklärt den Forest Plot einfach als „Wald aus Linien“, also in etwa so:

Abb. 1: Wie der Forest Plot (möglicherweise) zu seinem Namen kam

Was all die Symbole eines Forest Plots bedeuten, zeigt Abb. 2. Die horizontalen Linien repräsentieren die Ergebnisse der einzelnen Studien in einer Metaanalyse. Ein kleines Viereck markiert dabei die Lage des Schätzwerts der Effektgröße (den sogenannten Effektschätzer), die dazugehörige Linie den Umfang des Konfidenzintervalls. Die Raute am Ende zeigt das Gesamtergebnis (den Gesamtschätzer) der Metaanalyse – je schmaler sie ausfällt, desto kleiner ist dessen Konfidenzintervall.

Prinzip eines Forest Plots
Abb. 2: Die typischen Elemente eines Forest Plots

Wozu das Ganze?

Der Forest Plot gibt einen schnellen Überblick über die Ergebnisse der einzelnen Studien einer Metanalyse sowie zu deren Gesamtergebnis. Was da alles drinsteckt, wollen wir uns nun Schritt für Schritt anhand eines berühmten Beispiels ansehen, das Vorbild für das Logo von Cochrane war. Die Rede ist von der Metaanalyse aus dem Cochrane Review „Kortison-Gabe vor der Geburt bei Schwangeren mit Risiko für eine Frühgeburt zur Förderung der kindlichen Lungenreifung“.

Die zentrale Forschungsfrage darin: Ist es hilfreich, einer werdenden Mutter im Falle einer drohenden Frühgeburt Kortison zu geben, um die Lungenreifung des Kindes beschleunigen und so die Zahl schwerer Atemprobleme und Todesfälle unter den Neugeborenen reduzieren? In die allererste Version dieses Reviews, die 1987 – also noch vor der Gründung von Cochrane – in der heute nicht mehr zugänglichen Oxford Database of Perinatal Trials erschien, konnten die Autor*innen sieben Studien einbeziehen, die die Wirkung kortisonhaltiger Medikamente mit der eines Placebos verglichen.

Und so sieht der dazugehörige Forest Plot samt Zusatzinfo aus (Darstellung aus Wikipedia):

Abb. 3: Forest Plot des ersten systematischen Reviews zu Kortikosteroiden und Lungenreifung Frühgeborener (Quelle: Wikipedia)

Wer jetzt den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht: Der eigentliche Forest Plot ist die Grafik mit den blauen Vierecken. Links davon finden wir dann noch weitere wichtige Informationen. In diesem Fall sind dies:

  • Bezeichnung der einzelnen Studien mit dem Nachnamen des/der Erstautor*in
  • Zu jeder Studie die Fallzahlen (hier von Todesfällen des Kindes), zunächst in der Interventionsgruppe mit Kortisongabe, dann in der Kontrollgruppe (mit Placebo)
  • Die Odds Ratio (Chancenverhältnis) als Zahl
  • Der eigentliche Forest Plot mit Effektschätzern (Vierecke) und Konfidenzintervallen, sowie dem gepoolten Gesamteffekt

Über das Konfidenzintervall (KI) haben wir in einem unserer früheren Beiträge gesprochen. Es liefert Infos über den Vertrauensbereich um den Effektschätzer, also jenen Bereich, in dem der „wahre“ Wert mit hoher Wahrscheinlichkeit liegt. Der Knackpunkt ganz am Schluss ist das Gesamtergebnis der Metaanalyse in Form einer Raute. Sie markiert den gepoolten Gesamtschätzer, das (meist recht kleine) Konfindenzintervall dieses Gesamtergebnisses spiegelt sich in der Breite dieser Raute wieder.

„Eine Studie ist keine Studie!“

Der Forest Plot zeigt, warum Metaanalysen so wichtig sind: Aus sieben Studien mit recht variablen Ergebnissen, von denen fünf nicht signifikant sind (weil das KI den „Nulleffekt“ von OR=1 einschließt), lässt sich ein eindeutiges Ergebnis destillieren: Vorgeburtliche Kortikosteroide haben mit einer Odds Ratio von 0,53 einen deutlichen Nutzen – das Wahrscheinlichkeit , dass das Kind stirbt, wird annähernd halbiert!

Tatsächlich trugen frühe Fassungen dieses Reviews dazu bei, dass der Einsatz von Kortikosteroiden bei einer drohenden Frühgeburt zum medizinischen Standard wurde. Vermutlich wurde so zahllosen Frühgeborenen das Leben gerettet. Bei der Gründung von Cochrane 1993 diente der Forest Plot aus diesem Vorläufer von 1987 als Vorlage für das bis heute verwendete Logo der Organisation. Umrahmt von einem doppelten, zu einem Kreis zusammengesetzten „C“ (für „Cochrane Collaboration“) sieht man stilisiert die senkrechte Nulleffekt-Linie, Konfidenzintervalle für sieben Studien und die besagt Raute für einen signifikanten Behandlungseffekt.

Abb. 4: Das Logo von Cochrane

Der entsprechende Cochrane Review wurde seither etliche Male aktualisiert. Die neueste Fassung aus dem Jahr 2020 beruht inzwischen auf 27 Studien. Ihr zufolge ist der Effekt auf die Neugeborenen-Sterblichkeit nicht ganz so groß, wie es damals erschien. Doch sie liegt dank Kortison noch immer um rund ein Fünftel niedriger. Und das bei einer hohen Vertrauenswürdigkeit der zugrundeliegenden Evidenz. Man kann sich also sicher sein, dass sich daran auch in weiteren Fassungen des Reviews nicht mehr viel ändern wird.


Text: Georg Rüschemeyer, Cochrane Deutschland


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