Eine Reihe von internationalen Präventionsprogrammen zielt darauf ab, das Bewusstsein um die Gefahr von Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen zu stärken. Eine Maßnahme, die dabei häufig angewendet wird, ist die motivierende Gesprächsführung. Ob dieses Konzept bei Jugendlichen tatsächlich wirkungsvoll ist und Alkoholmissbrauch und –problemen vorbeugen kann, hat ein Cochrane-Review geprüft.
Viele Gelegenheiten verleiten Jugendliche dazu, Alkohol zu trinken. Und sie beginnen damit immer früher. Im Alter von 15 Jahren haben fast die Hälfte aller jungen Männer und zwei Drittel der jungen Frauen gemäß dem „Handbuch Alkohol – Österreich 2015“ 1) erste Rauscherfahrungen und haben dadurch ein erhöhtes Risiko Alkohol dauerhaft missbräuchlich zu konsumieren. Weltweit sterben etwa 3,3 Millionen Menschen an den Folgen von Alkoholmissbrauch, 9 % aller Todesfälle von Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren stehen in Zusammenhang mit Alkohol, dazu zählen Autounfälle, Ertrinken, Suizid und Mord.
Bewusstsein stärken
Eine Möglichkeit im Sinne einer Alkohol-Prävention bei Jugendlichen bietet die motivierende Gesprächsführung. Diese Intervention basiert auf Therapiekonzepten mit Abhängigkeitserkrankungen, die sich in den 1980er-Jahren in den USA und in Großbritannien entwickelt haben. Charakteristisch für diese Art der Beratung ist es, Kommunikationsblockaden zwischen Therapeut und veränderungswilligem Klienten zu verringern, das (Selbst)bewusstsein des Klienten zu stärken und somit eine Verhaltensänderung zu erreichen. Mithilfe dieser Beratungstechnik sollen daher nicht nur problematische Verhaltensweisen aufgezeigt werden, sondern auch Verhaltensänderungen, konkret also der Verzicht auf Alkohol, herbeigeführt werden.
Mangelhafte Studien
Bei den insgesamt 84 randomisierten kontrollierten Studien waren die Autoren vor allem an Studien interessiert, bei denen die Probanden mindestens 4 Monate nachbeobachtet wurden. Insgesamt hatten die Studien moderate bis niedrige Qualität der Evidenz, denn viele der Studien gaben nicht an, wie jung die Probanden waren und wie sie ausgewählt wurden. In 57 Studien betrug die Dauer der Sitzung unter einer Stunde. Es gab auch keinen Hinweis darauf, ob ein Zusammenhang zwischen Sitzungsdauer und präventiver Wirkung besteht. Außerdem fanden 58 der 84 Studien in einem schulischen, berufsbildenden oder universitären Umfeld statt. Letztlich wurden mehr als 22.800 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren in den Review einbezogen.
Nur bedingt effektiv
Das Ergebnis zeigt, dass bei einer Nachbeobachtungsdauer von 4 Monaten oder mehr, die motivierende Gesprächsführung nur geringe Wirkung zeigt. Im Hinblick auf die Menge an konsumiertem Alkohol, Blutalkoholkonzentration und Risikofaktoren, wie z.B. Alkohol am Steuer, war der positive Einfluss lediglich als „grenzwertig“ zu bezeichnen. Die Autoren folgern daraus, dass motivierende Gesprächsführung zwar eine positive Wirkung haben könnte, diese allerdings zu gering sind, um die Intervention für die Praxis zu empfehlen.
Hier geht’s zur deutschen Übersetzung des Reviews:
Quelle:
1) Handbuch Alkohol – Österreich 2015