Saisonal abhängige Depression (SAD) kehrt bei den meisten Betroffenen jährlich wieder, sobald die Tage kürzer werden. Dieses regelmäßige Auftreten wäre eigentlich die perfekte Voraussetzung für Vorbeugungsmaßnahmen – doch wir wissen erstaunlich wenig über die Prävention von SAD.
Kürzlich sind vier Cochrane Reviews zur Herbst/Winterdepression erschienen; sie haben sich jedoch nicht mit der Behandlung auseinandergesetzt, sondern mit der Vorbeugung. Denn so unangenehm eine verlässlich wiederkehrende Erkrankung ist, vorbeugende Maßnahmen würden sich für Menschen mit SAD ideal eignen. Wer einmal an Winterdepression gelitten hat, kann mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass depressive Symptome im nächsten Winter wieder auftreten.
Unter solchen Voraussetzungen wäre zu erwarten, dass sich die Forschung intensiv mit vorbeugenden Maßnahmen beschäftigt – also mit Therapien, die eingesetzt werden noch bevor sich die ersten Symptome zeigen. Die Cochrane Reviews zeigen allerdings, dass dies leider nicht der Fall ist. Zwei der vier Reviews konnten überhaupt keine relevanten Studien identifizieren, die vorbeugende Wirkung von Psychotherapie und von Melatonin und Agomelatin scheinen nicht erforscht zu sein.
Licht(therapie) und Schatten
Zur Lichttherapie wurde nur eine einzige randomisiert kontrolliert Studie gefunden –die hat jedoch zu wenige Teilnehmer und ist methodisch zu schwach, um daraus Empfehlungen abzuleiten. Die Wirksamkeit von Lichttherapie bei der akuten Behandlung von depressiven Phasen ist auch nicht sehr gut abgesichert. Da Nebenwirkungen bekannt sind, ist es umso wichtiger in guten Studien herauszufinden, wie groß der Nutzen tatsächlich ist.
Der Cochrane Review zu Antidepressiva der 2. Generation zur Vorbeugung von SAD kann immerhin die Daten von drei randomisiert kontrollierte Studien heranziehen. Bupropion extended release (XL) scheint SAD tatsächlich vorzubeugen. Allerdings profitiert nur etwa jeder achte Patient, in Hochrisikopopulationen immerhin jeder fünfte. Auch Bupropion XL hat Nebenwirkungen, umso wichtiger wäre es also auch andere Möglichkeiten zu haben.
Mehr Studien, bitte!
Von SAD sind bis zu 9 Prozent der Bevölkerung betroffen. Durch das wiederkehrende Muster könnten Patienten enorm von effektiven vorbeugenden Maßnahmen profitieren. Die Cochrane Reviews zeigen eine Reihe von Alternativen auf über deren Wirksamkeit wir leider zu wenig wissen.
Meistens ist es die Aufgabe von Cochrane Reviews, Studien zusammenzufassen. Gelegentlich ist es aber auch ihr Job, Wissenslücken aufzuzeigen – die Reviews zur Prävention von SAD zeigen, dass hier bessere Einzelstudien unbedingt notwendig sind.
Details zu den vier Reviews zur Prävention von SAD auf Cochrane kompakt:
Antidepressiva der 2. Generation
Autoren: Barbara Nußbaumer, Jörg Wipplinger