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Vorbeugung von Diabetes Typ 2 – was wirklich hilft

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Weltweit hat sich seit 1980 die Anzahl an Menschen, die an der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) leiden fast vervierfacht. Diese wird insbesondere durch einen ungesunden Lebensstil begünstigt. Eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Bewegung können jedoch der Entstehung von Diabetes mellitus vorbeugen oder sie verzögern. Dabei sind kombinierte Ernährungs- und Bewegungsinterventionen deutlich wirksamer als eine ausschliessliche Ernährungsumstellung oder eine alleinige Erhöhung der körperlichen Aktivität. Dies zeigte ein aktualisierter Cochrane Review.

Als Studentin kam ich zum ersten Mal in Kontakt mit dem Thema „Diabetes“ bei der Diabetessprechstunde in einem Krankenhaus in Heidelberg. Hier erfuhr ich, wie schwer es Betroffenen fiel, ihre Ernährungsgewohnheiten umzustellen und sich körperlich mehr zu bewegen – insbesondere wenn sie bereits an Übergewicht oder Adipositas litten. Es gab aber auch Erfolgsgeschichten: mit einem speziell im Krankenhaus angebotenen Bewegungs- und Ernährungs-Programm konnten einige wenige PatientInnen ihren Blutzuckerspiegel wieder in den Normalbereich senken und über einen längeren Zeitraum auch niedrig halten.

Vor 1.5 Jahren wurde dann Diabetes in meinem persönlichen Umfeld zum Thema. Mein Mann (48 Jahre) fragte bei einer Routineuntersuchung seinen Arzt, ob er den Blutzucker messen könne. Der Wert lag über dem Normalwert aber noch unter der Schwelle zur Diagnose Diabetes Typ 2, er hatte also eine Vorstufe des Diabetes, auch Prädiabetes genannt. So kaufte mein Mann sich ein Blutzuckermessgerät und begann, regelmässig zu messen, sich mehr zu bewegen und mehr Sport zu machen, und stellte seine Ernährung komplett um. Sein Ziel war es, auf keinen Fall Diabetes zu bekommen oder Medikamente nehmen zu müssen. Diese Massnahmen halfen ihm, zunächst an Gewicht zu verlieren (rund 15 Kilo seit seiner Diagnose) und die Blutzucker-Werte wieder in den Griff zu bekommen.

Seither habe ich mich eingehender mit dem Thema Diabetes beschäftigt. Einige Fakten möchte ich im Folgenden teilen.

Diabetes: Fakten & Zahlen

Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselkrankheit. Beim Typ 1 liegt eine Autoimmunkrankheit vor, die schon oft im Kindes- oder Jugendalter auftritt und zu einem Mangel des Hormons Insulin führt. Beim viel häufigeren Typ 2 wird Insulin nicht in ausreichender Menge in der Bauchspeicheldrüse produziert oder die Körperzellen können den Zucker (Glukose) nicht mehr wirksam aus dem Blut aufnehmen und verwenden. Früher trat Diabetes mellitus Typ 2 meist nur bei Menschen von über 40 Jahren auf. Heute sind auch zunehmend jüngere Menschen davon betroffen. Risikofaktoren für die Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 sind Übergewicht, Adipositas, mangelhafte – oftmals energiereiche und einseitige – Ernährung, geringe körperliche Aktivität, Rauchen, höheres Alter und familiäre Vorbelastung. So waren in Europa im Jahr 2017 schätzungsweise 58 Millionen Menschen zwischen 20 und 70 Jahren von Diabetes betroffen, von denen bei 22 Millionen Menschen die Erkrankung noch nicht diagnostiziert wurde (sog. „Dunkelziffer“). Zusätzlich wiesen im gleichen Jahr 36 Millionen Menschen eine verminderte Glukosetoleranz auf. Wenn dies der Fall ist oder der Nüchtern-Blutzuckerspiegel 110 – 125mg/dl erhöht ist, liegt, wie bei meinem Mann, ein Prädiabetes vor.

Knapp die Hälfte der Menschen mit Prädiabetes entwickeln innerhalb von 10 Jahren einen richtigen Diabetes. Jedoch bleibt dieser oftmals lange unbemerkt, da er meist keine Beschwerden verursacht. Das ist jedoch sehr tückisch, denn der dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel hinterlässt seine Spuren im Körper: sowohl Diabetes als auch Prädiabetes können zu Komplikationen wie koronarer Herzerkrankung, Schlaganfall, Nierenversagen, Verlust des Sehvermögens und Nervenschädigungen führen.

Hilft die Kombination verschiedener Massnahmen?

Ein Ende letzten Jahres aktualisierter Cochrane-Review bestätigte meine persönliche Erfahrung mit Diabetes. Die Review-Autoren wollten wissen, ob Ernährungsumstellung, körperliche Aktivität oder beides zusammen bei Personen mit moderat erhöhten Blutzucker (Prädiabetes) der Entstehung von Diabetes Typ 2 und den damit einhergehenden Komplikationen vorbeugen oder sie verzögern können. In dem Review wurden mögliche Komplikationen wie Nieren- und Augenkrankheiten, Herzinfarkt und Schlaganfall, Mortalität und Lebensqualität sowie mögliche Nebenwirkungen von Sport und Ernährung oder der medikamentösen Standardbehandlung untersucht. Es wurden 12 Studien mit 5238 Teilnehmenden eingeschlossen. Eine Studie verglich eine alleinige Ernährungsumstellung mit einer alleinigen Erhöhung der körperlichen Aktivität. Zwei Studien verglichen körperliche Aktivität mit einer medikamentösen Standardbehandlung, und 11 Studien untersuchten eine Kombination aus Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität im Vergleich zu Medikamentengabe oder keiner Behandlung. Die Behandlungsdauer variierte zwischen 2 und 6 Jahren.

Die Review-Ergebnisse zeigten, dass die Kombination aus Ernährungsumstellung und körperliche Aktivität im Vergleich zur Standardbehandlung die Entwicklung von Diabetes Typ 2 reduzieren oder verzögern konnte (Evidenz von moderater Qualität). Für die Wirksamkeit der isolierten Massnahmen war die Evidenz nur von geringer Qualität, bedingt durch die geringe Anzahl an Teilnehmenden.

Vorbeugen ist besser…

Ein gesundheitsfördernder Lebensstil ist wohl die wichtigste Massnahme, um von Prädiabetes und Diabetes verschont zu bleiben. Mit einer ausgewogenen Ernährung und ausreichender Bewegung kann jeder Einzelne viel tun, um die Balance zwischen Energiezufuhr und -verbrauch zu halten. Eine ausgewogene Ernährung versorgt den Körper mit ausreichend Energie und lebensnotwendigen Nährstoffen, wie beispielsweise Vitaminen und Mineralstoffen. Das fängt schon bei dem Kleinsten an . Als ausreichende körperliche Aktivität gelten für Erwachsene mindestens 150 Minuten pro Woche Bewegung mit leicht beschleunigtem Atem und Herzschlag oder 75 Minuten, während denen man ins Schwitzen kommt. Ganz nebenbei steigert die Aktivität auch das Wohlbefinden und wirkt sich auf die psychische Gesundheit positiv aus.

Neben dem individuellen Engagement jedes Einzelnen werden auch auf Verhältnisebene weltweit verschiedenste Massnahmen ergriffen. Beispielsweise werden mehr Bewegungsräume und -angebote geschaffen. Auch durch Änderung der Zusammensetzung von Lebensmitteln und damit einem gesünderen Lebensmittelangebot für die Konsumenten wird versucht, dem Trend ernährungsassoziierter Erkrankungen gegenzusteuern. Ziel all dieser Massnahmen ist es, Übergewicht und Adipositas und das damit einhergehende Risiko für die Entstehung von Prädiabetes und Diabetes zu reduzieren.

Fazit

Dass die Zivilisationskrankheit Diabetes mit all ihren Folgen weiter im Vormarsch ist, stellt weltweit mitunter eine der grössten Herausforderungen für die Gesundheitssysteme dar. Für die von Prädiabetes Betroffenen und ihre Angehörigen sollte zukünftig noch besser erforscht werden, ob und wie genau Ernährungs- und Bewegungsinterventionen das langfristige Risiko von Diabetes bzw. seinen Komplikationen reduzieren können. Nur in Studien mit grösseren Teilnehmerzahlen und geeignetem Studienaufbau kann die Wirksamkeit von einzelnen Massnahmen – wie einer alleinigen Ernährungsumstellung oder einer ausschliesslichen Bewegungsintervention – untersucht werden.

Text: Anne Borchard

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