Motivation zur Prävention um Gebährmutterhalskrebs zu verhindern

Gebärmutterhalskrebs: Motivation zur Prävention

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Gebärmutterhalskrebs früh erkennen – das bedeutet, schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle verhindern. Doch wie lassen sich mehr Frauen für das Screening gewinnen?

In Österreich, Deutschland und der Schweiz lassen sich zu wenige Menschen gegen COVID-19 impfen, da sind sich die meisten Fachleute und Behörden einig. Um mehr Menschen zu dieser Impfung zu motivieren, nutzen Gesundheitsbehörden weltweit viele verschiedene Kanäle: Anschreiben per Post, Plakate, Broschüren in verständlicher Sprache und TV-Spots etwa.

Die Vielfalt von Kommunikationskanälen soll dazu beitragen, dass alle Bevölkerungsgruppen erreicht werden können, sich dadurch umfassend informieren können und letztlich mehr Menschen die Einladung zur Impfung annehmen.

Sinnvolle Früherkennung

Aber nicht nur beim für manche Menschen kontroversen Thema Impfungen ist es oft schwierig, breite Teile der Bevölkerung für präventive Gesundheitsleistungen zu mobilisieren. Vor ähnlichen Herausforderungen steht auch die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Zielgruppe dieser regelmäßigen Untersuchung sind gesunde Frauen zwischen 20 und 65 Jahren (die Altersgrenzen variieren leicht je nach Land).

Für die sogenannte Screening-Untersuchung wird ein Abstrich vom Gebärmutterhals genommen. Darin lassen sich Vorstufen oder frühe Stadien von Gebärmutterhalskrebs entdecken, und das lange bevor sich der Krebs durch Beschwerden bemerkbar macht. Die frühe Entdeckung macht eine zeitige Behandlung möglich, die viele schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle vermeidet.

In Großbritannien lässt sich der Nutzen des landesweit angebotenen Screenings jährlich mit der Vermeidung von bis zu 3900 neuen Krebserkrankungen beziffern.

Teilnahme erhöhen – aber wie?

Dennoch geht in Großbritannien etwa ein Viertel der anspruchsberechtigten Frauen nicht zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs. Weltweit gesehen ist die Teilnahme am Screening noch viel niedriger.

Neben anderen Faktoren wie sozialer Benachteiligung, niedriger Gesundheitskompetenz, Bildung und Einkommen oder einem höheren Alter kann eine mangelnde Information eine Rolle spielen. Fachleute sehen gezielte Einladungen als eine mögliche Strategie, mehr Frauen über Nutzen und Risiken der Screenings zu informieren und zur Teilnahme zu motivieren.

Gibt es Einladungsformen, die Frauen besser als andere motivieren, einen Termin für das Krebsscreening zu vereinbaren und auch spätere Untersuchungen in regelmäßigen Abständen wahrzunehmen?

Daten von 258.000 Frauen

Ein sechsköpfiges Forschungsteam aus Großbritannien hat den aktuellen Wissensstand zu dieser Frage in einem kürzlich veröffentlichten Cochrane Review [1] analysiert und darin die Evidenz aus den verfügbaren Studien rechnerisch zusammengefasst. Die meisten Daten stammten aus Ländern mit hohem Einkommen wie Schweden, Australien und den USA, wo es bereits gut organisierte Screeningprogramme gibt.

In den 69 randomisierten kontrollierten Studien, die in diese systematische Übersichtsarbeit einbezogen werden konnten, wurden die insgesamt knapp 258.000 Teilnehmerinnen nach Zufallsprinzip einer Gruppe zugeteilt: In der experimentellen Gruppe erhielten sie beispielsweise Einladungen per Telefon oder SMS, nahmen an Aufklärungsveranstaltungen teil oder erhielten Infomaterialien. Für die Kontrollgruppe gab es nur die auch sonst im jeweiligen Land üblichen Angebote. Der Vergleich zwischen den Gruppen sollte am Ende zeigen, welches Vorgehen zu einer höheren Teilnahme führte.

  • Wahrscheinlich sind mündliche oder schriftliche Einladungen wirksam, um mehr Frauen zur Teilnahme zu motivieren (Einladungsgruppe: 14%, Kontrollgruppe: 8%). Doch Einladung ist nicht gleich Einladung – erfolgreicher sind offenbar Anschreiben mit einem bereits fixierten Screeningtermin und vielleicht auch personalisierte Einladungen.
  • Auch verschiedene Aufklärungs- und Bildungsangebote führen möglicherweise dazu, dass mehr Frauen das Screeningangebot nutzen (Einladungsgruppe: 21%, Kontrollgruppe: 16%). Welche Formen am besten wirken, etwa Vorträge, Videos oder gedrucktes Material, ist aber unklar.
  • Es gibt auch Hinweise darauf, dass Laien-Gesundheitshelferinnen und -helfer die Teilnahme von Frauen aus ethnischen Minderheiten erhöhen.

Wie gut abgesichert die Einschätzungen sind

Die Einschätzungen des Cochrane Reviews sind teils mit einiger Unsicherheit behaftet, teils recht solide abgesichert. Das heißt, die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach dem GRADE-System liegt im niedrigen bis moderaten Bereich.

Einschränkungen der Aussagekraft haben verschiedene Gründe, zum Beispiel Unklarheiten in Bezug auf die zufällige Zuteilung der Teilnehmenden, Verblindung und Zweifel an der Vollständigkeit der berichteten Daten. Und natürlich unterschieden sich die Einzelstudien mitunter in wichtigen Details wie etwa der Art und Weise der Einladungen, was die Vergleichbarkeit erschwert.

Mehr Wissen notwendig

Die Ergebnisse sind auch nur auf Länder mit hohem Einkommen übertragbar. Verlässliche Schlüsse für Länder mit niedrigem und mittleren Einkommen sind nicht möglich. Hier gibt es kaum organisierte Screeningprogramme mit standardisierten Einladungssystemen.

Auch über mögliche negative Folgen von Motivationsmaßnahmen zum Screening kann der aktuelle Cochrane Review keine Auskunft geben. Ebenso ist noch offen, welche Motivationsstrategie bei welchen Personengruppen am besten wirkt – ein konkretes „Einheitsrezept“ für Steigerung der Teilnahme am Gebärmutterhals-Screening kann er also nicht bieten.

Immerhin liefert der Review Evidenz dafür, dass es durch gezielte Maßnahmen offenbar durchaus möglich ist, mehr Frauen für den Vorsorge-Check zu gewinnen. Die Überzeugungsarbeit, die schon seit langem in vielen Ländern geleistet wird, ist also nicht umsonst.



Quellen

[1] Staley H, Shiraz A, Shreeve N, Bryant A, Martin-Hirsch PPL, Gajjar K. Interventions targeted at women to encourage the uptake of cervical screening. Cochrane Database of Systematic Reviews 2021, Issue 9. Art. No.: CD002834.
[2] NHS Information Centre, Public Health Indicators and Population Statistics. Cervical Screening Programme England 2013-14.
[3] Sasieni PD, Cuzick J, Lynch¬Farmery E, National Coordinating Network for Cervical Screening Working Group. Estimating the efficacy of screening by auditing smear histories of women with and without cervical cancer. British Journal of Cancer 1996;73(8):1001-5.
[4] Castanon A, Landy R, Pesola F, Windridge P, Sasieni P. Prediction of cervical cancer incidence in England, UK, up to 2040, under four scenarios: a modelling study. Lancet Public Health 2017;3:e34.
[5]Uptodate: Screening for cervical cancer in resource-rich settings (kostenpflichtig). Abgerufen am 20.9.2021
[6]Uptodate: Screening for cervical cancer in resource-limited settings (kostenpflichtig). Abgerufen am 20.9.2021
[7] Uptodate: Cervical cancer screening. Beyond the basics. Abgerufen am 20.9.2021

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